Newsletter
02 / 2022

Nahaufnahme eines Bauches einer Schwangeren die ihre Hand darauf ruhen lässt

Liebe Leser*innen,

Sommer, Sonne, Urlaubszeit… und vor den Sommerferien erreicht Sie noch der zweite Newsletter des Aktionsbüros Gesundheit rund um die Geburt in Niedersachsen mit Informationen zu aktuellen Geschehnissen rund um Schwangerschaft, Geburt und Eltern-Sein sowie zu themenrelevanten Veranstaltungen in Niedersachsen. Sie haben Wünsche, Kommentare, Tipps und Beiträge für die nächste Ausgabe unseres Newsletters? Schreiben Sie uns gerne eine E-Mail an: sabine.scholz-de-wall@gesundheit-nds.de oder anna-lena.mazhari@gesundheit-nds.de.

Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen das Team vom Aktionsbüro Gesundheit rund um die Geburt in Niedersachsen!

   AKTUELLES

Neues aus dem Aktionsbüro
Auch im zweiten Quartal fanden viele Treffen mit altbekannten und neuen Netzwerkpartner*innen statt. Ein besonderes Highlight war der Besuch beim Empfang zur Ehrung der wellcome-Ehrenamtlichen. Wir gratulieren an dieser Stelle zu der sehr gelungenen Veranstaltung!

Gerade laufen die letzten Vorbereitungen für die Fachtagung „Gesundheit rund um die Geburt in Niedersachsen – Perspektiven und Innovationen zur Bewältigung aktueller Herausforderungen in der Geburtshilfe“ am 5. Juli in Hannover. Viele Netzwerkpartner*innen haben sich für die Veranstaltung angemeldet. Wir freuen uns auf ein persönliches Treffen. Die Veranstaltung ist bereits ausgebucht. Sollten Sie noch Interesse an einer Teilnahme haben, können Sie sich über das Anmeldeformular auf die Warteliste setzen lassen.

Auch die Planung von interdisziplinären Fortbildungsangeboten nimmt Gestalt an. Im Juni fand dazu mit den beiden niedersächsischen Berufsverbänden der Hebammen und Frauenärzt*innen ein erster Austausch über Ideen und Wünsche statt. Sobald die Vorbereitungen für die Fortbildungsangebote abgeschlossen sind und eine Anmeldung möglich ist, erhalten Sie dazu über den Newsletter und über die Veranstaltungsrubrik der Website der LVG & AFS eine entsprechende Information.  

Aktuell findet ein Austausch mit dem Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung zum Neustart des Runden Tisches „Geburtshilfe“ statt. Ziel ist es, die Teilnehmenden unter dem Dach des Ministeriums im 3. Quartal erstmalig wieder zusammenzubringen und damit das interdisziplinäre Potential zur Stärkung und Diversifizierung der geburtshilflichen Versorgung in Niedersachsen zu nutzen.

   WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG

Smart durch die Schwangerschaft
Prof. Dr. Bjoern Eskofier (Lehrstuhl Informatik für Maschinelles Lernen und Datenanalytik der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg (FAU)) forscht zusammen mit Kolleg*innen aus den Bereichen Gesundheitswissenschaften, Ethik und Medizin über Möglichkeiten der Digitalisierung in der Schwangerenvorsorge. Derzeit werden Untersuchungsergebnisse und Befunde noch analog in einen Mutterpass in Heftform dokumentiert. „Dieser Papierwust ist anfällig für Verlust und Beschädigung und wichtige Werte können leicht übersehen oder vergessen werden“, fasst Stefan Gradl, Doktorand am Lehrstuhl von Prof. Eskofier, zusammen. Die Wissenschaftler*innen forschen derzeit an digitalen Lösungen, durch deren Einsatz sich in Zukunft im Idealfall anhand einer breiten Datenbasis sinnvolle Handlungsempfehlungen ableiten lassen. Dabei soll nicht der persönliche Kontakt zu Ärzten und Hebammen ersetzt, sondern durch Reduzierung des Aufwandes für routinemäßige Untersuchungen eine Entlastung für alle Beteiligten erreicht werden. Außerdem können die digitalen Angebote ein wichtiger Baustein sein, um die Versorgung der Schwangeren auch in Gegenden zu gewährleisten, die weniger gut mit Fachabteilungen versorgt sind.

Für Mai war unter der Leitung von Prof. Dr. Matthias W. Beckmann, Direktor der Frauenklinik des Uni-Klinikums Erlangen, der Start einer klinischen Studie geplant, in die insgesamt 500 Probandinnen eingeschlossen werden sollen. Dabei kommen Wearables wie Smartwatches sowie verschiedene Geräte für zu Hause zum Einsatz – z. B. Kontraktions-Tracker oder tragbare Ultraschallsonden. Das Aktionsbüros Gesundheit rund um die Geburt hat die Forschenden für Herbst 2022 zu einem Vortrag über die Studie eingeladen.

Das Präventionsprojekt „GeMuKi" zeigt: Motivierende Gesundheitsberatung wirkt kann die Gesundheit von Mutter und Kind positiv beeinflussen
Das Präventionsprojekt "GeMuKi – Gemeinsam gesund: Vorsorge plus für Mutter und Kind“ wurde vom Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) von 2017 bis 2022 als kontrollierte Interventionsstudie in zehn Regionen Baden-Württembergs durchgeführt. Knapp 1.500 schwangere Frauen bzw. Eltern wurden mithilfe der Elemente der „Motivierenden Gesprächsführung“ durch Frauenärzt*innen, Hebammen und Kinderärzt*innen umfassend zu den Themen Ernährung, Bewegung, Stillen und Genussmittelkonsum beraten. Ergänzend wurden die Frauen durch eine speziell konzipierte App an ihre individuellen Gesundheitsziele erinnert.

Erste Ergebnisse zeigen, dass in der Schwangerenvorsorge eine motivierende Gesprächsführung mit den behandelnden Frauen*ärztinnen und Hebammen im Rahmen der Schwangerenvorsorge die Gesundheit von Mutter und Kind nachhaltig positiv beeinflussen können. Wichtig dabei ist, dass die Zusammenarbeit von Ärzt*innen und Hebammen gestärkt wird.

Queer und schwanger
Das Policy Paper macht auf die Diskriminierungserfahrungen und Verbesserungsbedarfe in der geburtshilflichen Versorgung aufmerksam. Basis des Papers bildet die Online-Befragung von Ska Salden und dem Netzwerk Queere Schwangerschaften. Dazu wurden 554 queere und 873 nicht-queere Personen zu unterschiedlichen Themen rund um Kinderwunschbehandlung, Schwangerschaft und Geburt befragt. Aus der Studie geht hervor, dass queere Personen in der Gesundheitsversorgung häufig negative Erfahrungen machen, wenig spezifische Informationen in Bezug auf Schwangerschaft und Kinderwunsch erhalten und nicht zuletzt rechtlich diskriminiert werden.

Die Autor*innen sprechen Empfehlungen für eine angemessene Gesundheitsversorgung, die auch queere Personen in den Blick nimmt, aus. Als zentrale Forderungen werden eine Verbesserung der Versorgungsqualität in der klinischen Geburtshilfe, Weiterbildungen für medizinisches Personal, die inklusive Gestaltung von Informations- und Aufklärungsmaterial sowie die Reformation des Abstammungsrechts benannt.

Neue Erkenntnisse zum Sudden Infant Death Syndrome (SIDS)
Ein australisches Forscher*innenteam um die Biochemikerin Carmel Therese Halmilton hat in The Lancet Ergebnisse einer Studie veröffentlicht, die deutliche Hinweise darauf liefert, dass ein Enzymmangel als Risikofaktor für den plötzlichen Kindstod angenommen werden kann. Untersucht wurden 67 plötzliche unerwartete kindliche Todesfälle (im Alter von 1 Woche bis 104 Wochen) und mit einer Kontrollgruppe (n=655) verglichen. In der Gruppe der durch SIDS verstorbenen Kinder fanden die Forscher*innen eine signifikant verminderte spezifische Aktivität des Enzyms Butyrylcholinesterase (BChE), wodurch eine Dysfunktion des Parasympatikus verursacht wird. Die Forscher*innen möchten durch weiterführende Untersuchungen herausfinden, ob es möglich ist, die spezifische Aktivität von BChE als Biomarker zur Identifizierung und Verhinderung zukünftiger SIDS-Todesfälle zu verwenden.

   BUCHTIPP

Kübra Gümüşay: „Sprache und Sein“, btb Verlag, 2021

Titelbild des Buchtipps: Sprache und Sein

Die von Frauenrechtlerinnen aufgrund ihrer ideologischen Nähe zum Islamismus kritisch betrachtete Journalistin Kübra Gümüşay schildert bildreich und verständlich, wie Sprache unser Denken und Handeln formt und sich auf die Wahrnehmung auswirkt. Die Autorin geht dabei auf gesellschaftlich relevante Themen wie Sprache und Macht, Diskriminierung, Rassismus und Rechtsextremismus ein. Beispielhaft zeigt sie, wie Menschen als Individuen unsichtbar werden, wenn sie immer als Teil einer Gruppe gesehen werden – und sich nur als solche äußern dürfen. Gümüşay macht deutlich, was es bedeutet, in Stereotypen und Vorurteilen zu denken und zu sprechen und welche Auswirkungen dies für die Betroffenen hat. Durch die Schilderung von eigenen Erfahrungen gibt sie dem Buch eine sehr persönliche Note. Das Buch ist ein Plädoyer für eine offene Sprache, die Vielfältigkeit und Individualität zugesteht und sich von eingrenzenden Kategorien und Stereotypen löst.

Family Larsson-Rosenquist Foundation (Hrsg.): „Stillen und Muttermilch – Von den biochemischen Grundlagen bis zur gesellschaftlichen Bedeutung. Eine multidisziplinäre Einführung“, Thieme Verlag, 2021

Titelbild des Buchtipps: Stillen und Muttermilch – Von den biochemischen Grundlagen bis zur gesellschaftlichen Bedeutung. Eine multidisziplinäre Einführung

Das Buch gibt wissenschaftlich fundiert und auf anschauliche Weise einen guten Überblick zu der breiten Thematik Stillen und Muttermilch. Die Autor*innen beleuchten den positiven Einfluss des Stillens auf die Gesundheit und betrachten die Rahmenbedingungen für ein stillfreundliches Umfeld. Ein absolut lesenswertes Werk für alle mit dem Thema Stillen im Kontext von Lehre oder praktischer Arbeit beschäftigten Fachpersonen und interessierte Laien.

Johanna Klement: „Und zum Schluss ein bunter Kuss“, Tulipan, 2022

Titelbild des Buchtipps: Und zum Schluss ein bunter Kuss

Dass es sich mit einer Geschichte vor dem Einschlafen besser träumt, kann sich jede/r vorstellen. Wenn die Schlafenszeit kommt, hat jedes Kind individuelle Vorstellungen von der Gute-Nacht-Geschichte. Ob Dinosaurier, Zauberfeen, Piraten und Bösewichte, Knusperhäuschen oder Meer und Strand, ganz gleich, wohin es im Traum gehen soll, es ist schön, vorher einen Gute-Nacht-Kuss zu bekommen. Und den gibt es in diesem Buch von einer Mama, zwei Papas, der großen Schwester, der Oma oder dem Babysitter. „Egal wer dich ins Bettchen bringt, wer für dich liest, wer für dich singt, für den bist du auf dieser Welt, der tollste Mensch, das ist, was zählt!“ Ein Bilderbuch, das Diversität im Träumen und in der Familienkonstellation zeigt.

█    Sie haben auch ein tolles Buch gelesen, das Sie gern weiterempfehlen möchten? Wir freuen uns über Ihren Buchtipp!

   VERSCHIEDENES

Petition des Aktionsbündnisses Gesundheit rund um die Geburt
Die freie Wahl des Geburtsorts und der Geburtsbegleitung ist in Niedersachsen akut gefährdet. In den vergangenen sieben Jahren schlossen 20 Kreißsäle in Niedersachsen, obwohl Geburten der häufigste Grund sind, warum Menschen in Deutschland ein Krankenhaus aufsuchen. Aktuelle Pläne für ein neues Krankenhausgesetz in Niedersachsen sehen die Geburtshilfe nicht als Teil der Grundversorgung vor, die für alle Menschen von ihrem Wohnort aus in 30 Minuten erreichbar sein muss. Die vom Aktionsbündnis Gesundheit rund um die Geburt über Change.org eingebrachte Petition fordert, dass Geburtshilfe als Teil der Grundversorgung gesetzlich verankert wird, um die sichere und wohnortnahe geburtshilfliche Versorgung zu gewährleisten und Gebärenden echte Wahlmöglichkeiten zu geben. Die Petition startete am 4. Mai und war am frühen Nachmittag schon von mehr als 2500 Personen gezeichnet worden. Inzwischen gibt es mehr als 16.500 Unterstützer*innen.

Neue Website der Hebammenzentrale Hannover & Netzwerktreffen der Hebammenzentralen
Nach dem Trägerwechsel zur Region Hannover präsentiert sich die Hebammenzentrale Hannover mit einer neuen Website. Eltern, Hebammen und andere Interessierte finden die Angebote übersichtlich angeordnet und werden über aktuelle Ereignisse auf dem Laufenden gehalten. Am 23.06. findet in Hannover ein Netzwerktreffen der niedersächsischen Hebammenzentralen statt. Das Aktionsbüro wird an dem Treffen teilnehmen und sich vorstellen.

Umfrage des Deutschen Hebammenverbandes (DHV) zeigt Missstände und gleichzeitig Potential zu deren Behebung
Am 5. Mai hat der DHV anlässlich des Welthebammentages eine Pressemitteilung veröffentlicht, in der die Ergebnisse einer Befragung der 21.613 Mitgliedern des DHV zusammengestellt sind. Es wurde eine Stellungnahme zu folgender Aussage erbeten: „Wenn die Eins-zu-eins-Betreuung der Frau garantiert ist, ich nur Hebammentätigkeit ausführen muss und hebammengeleitete Geburtshilfe nicht nur leere Worte sind, dann arbeite ich (wieder/mehr) im Kreißsaal. Dann kann man auf mich zählen!“ Insgesamt gab es dazu 3516 Rückläufer, wobei 2718 Menschen mit ja und 798 Personen mit nein antworteten.  Die DHV-Präsidentin Ulrike Geppert-Orthofer kommentiert das wie folgt: „2700 Hebammen haben angegeben, sofort wieder und auch mehr im Kreißsaal arbeiten zu wollen, wenn sich die Rahmenbedingungen verbessern. Ein deutlicher Appell. Wir fordern deshalb Verantwortliche in Politik und Kliniken auf, die Sicherheit und Qualität in der klinischen Geburtshilfe nicht weiter aufs Spiel zu setzen, sondern endlich einen Paradigmenwechsel herbeizuführen. Menschwerden muss in Deutschland unter menschlichen und höchsten Standards möglich sein. Denn schließlich ist es nicht egal, wie wir geboren werden.“

Kaiserschnittstelle e. V. 
Derzeit wird in Deutschland bei ca. 33% aller Geburten ein Kaiserschnitt durchgeführt. Für viele Frauen, Partner*innen und Kinder ist das ein traumatisches Erlebnis. Zudem sind die körperlichen und psychischen Belastungen nach einem Kaiserschnitt häufig höher als nach einer Spontangeburt. Gleichzeitig erleben die Betroffenen oft fehlende Anerkennung oder machen sich selbst Vorwürfe.

Die Folgen des Kaiserschnitts für Mutter und Kind können vielfältig sein und werden öffentlich noch zu wenig wahrgenommen. Die Kaiserschnittstelle e.V. bietet Beratung vor einem Kaiserschnitt, Hilfe bei der Verarbeitung einer Kaiserschnittgeburt und bei der Verarbeitung (auch vaginaler) traumatischer Geburtserlebnisse sowie Hilfe bei körperlichen Beschwerden nach einer Kaiserschnittgeburt.

Durch Information und Aufklärung über die Auswirkungen von Kaiserschnitten und traumatischem Geburtserleben möchte die Kaiserschnittstelle dazu beitragen, dass Veränderungen in der Geburtshilfe stattfinden. Sie bietet Vorträge, Fachtage und Fortbildungen an und mischt sich in das öffentliche und politische Geschehen ein. Dabei verfolgt sie den großen Wunsch, die Kaiserschnittrate deutlich zu senken, sowie eine sensible 1:1 Betreuung unter der Geburt für alle Frauen zu ermöglichen.

Info-Broschüre "Zu Hause und im Geburtshaus"
Mit dieser Informations-Broschüre  möchte die Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe e. V. (QUAG) Frauen, Männern, Ärztinnen und Ärzten Mut machen, damit die natürliche Geburt, außerhalb des medizinischen Betriebs zu Hause oder in einem Geburtshaus, begleitet durch eine vertraute Hebamme, wieder zum Standard werden kann. „Eine Gesellschaft, die sich mehr Kinder wünscht, sollte Frauen ermutigen, statt sie zu bevormunden oder einzuschüchtern. Sie sollte Frauen dabei unterstützen, ihre ureigenen Kräfte neu zu entdecken und den natürlichen Lebensprozessen zu vertrauen.“ Ein Exemplar der Broschüre wird interessierten Eltern, Großeltern, Studierenden, Schülern, Fachpersonen, Ämtern usw. kostenfrei zugeschickt, weitere Exemplare sind kostenpflichtig.

pro familia magazin zum Thema Reproduktionsmedizin
pro familia hat sich verpflichtet, die Umsetzung der sexuellen und reproduktiven Rechte auch auf die Reproduktionsmedizin zu übertragen. Die erste Ausgabe des Magazins des Jahres beleuchtet Folgen der überholten aktuellen Gesetzeslage, konkrete Regelungsbedarfe sowie die Notwendigkeit eines neuen Fortpflanzungsmedizingesetzes. Zudem werden kontroverse interne Stellungnahmen zum Thema „Legalisierung der Leihmutter*schaft“ gegenübergestellt, welche verdeutlichen, wie wichtig Auseinandersetzung und Positionierung zu den verschiedenen Aspekten einer rechtebasierten Fortpflanzungsmedizin sind.

pro familia Magazin zum Thema Gender/Queer
Die Themen Gender und Queer bilden Querschnittsthemen innerhalb der pro familia Verbände und Beratungsstellen. Eine intensive Netzwerkarbeit, aber ebenfalls das Erkennen und Aufnehmen der Bedarfe in die Regelstrukturen ist auch Aufgabe von pro familia. In Ausgabe 2 des Jahres stellen verschiedene Organisationen - einschließlich pro familia - ihre Arbeit und Angebote vor. Einen Schwerpunkt bildet hierbei das Problem der Diskriminierung queerer Menschen in der Geburtshilfe. Hier gibt es über die grundsätzlichen strukturellen Probleme der Geburtshilfe im Allgemeinen hinaus großen Verbesserungsbedarf. Die Themen „Psychosoziale Gesundheit von LSBTIQ*“ und die „Beratung und Unterstützung mit Regenbogenkompetenz“ werden ebenfalls von Organisationen der Community ausgeführt. 

Female health incubator (FHI)
Der Incubator unterstützt weibliche Startups und Gründer*innen dabei, Female Health Angebote und Ideen weiterzuentwickeln, um eine nachhaltige Wirksamkeit für gendersensible Lösungen in der Gesundheitsbranche zu erzielen. Das Spektrum an möglichen Ideen und Themen kann vielfältig sein und gewünscht ist auch eine bunte Zusammensetzung von Teamkonstellationen oder einzelnen Gründer*in. Über einen Zeitraum von sechs Monaten werden die Startups durch Workshops und Mentorings bei einer zielgerichteten Weiterentwicklung ihres Geschäftsmodells unterstützt und mit Branchenexpert*innen, Investor*innen und weiteren Unterstützer*innen vernetzt. Der aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) im Rahmen des Projekts Soziale Innovation (Projekte zur Arbeitswelt im Wandel) geförderte FHI hat viele kommunale Partner*innen. Er vermittelt Know-how, fachliches Mentoring, Branchenkontakte und unterstützt bei der Suche nach finanziellen Förderungen.

Netzwerkgründung zum Thema Endometriose
Das Frauen- und Mädchen-Gesundheitszentrum Region Hannover e.V. (FMGZ) ist gerade dabei, ein Netzwerk zum Thema Endometriose aufzubauen. Seit Februar gibt es eine Selbsthilfegruppe und auch spezielle Beratung. Für die Zukunft sind regelmäßige Vorträge und Workshops geplant. Endometriose ist eine Krankheit, die nahezu nur Frauen betrifft und es gibt dazu nur wenig Forschung, kaum Beratung und keine ausreichenden Behandlungskonzepte. Da die Diagnose oft spät gestellt wird, leiden Betroffene oft Jahre lang unter heftigen Schmerzen. Endometriose kann auch Ursache für einen unerfüllten Kinderwunsch sein. Einen Flyer zum Thema gibt es zum Download und auch in Papierversion.

Nationale Strategie zur Stillförderung
Deutschland möchte stillfreundlicher werden, denn Muttermilch ist die optimale Ernährung für Säuglinge. Stillen fördert sowohl kurz- als auch langfristig die Gesundheit von Mutter und Kind. Studien belegen, dass gestillte Kinder seltener am plötzlichen Kindstod sterben und im ersten Lebensjahr seltener an Durchfall- und Atemwegserkrankungen sowie Mittelohrentzündungen erkranken. Auch langfristig gesehen bringt Stillen gesundheitlich Vorteile, denn ehemals gestillte Menschen sind im späteren Alter seltener übergewichtig und entwickeln weniger häufig einen Typ-2-Diabetes.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, sechs Monate ausschließlich zu stillen. In Deutschland werden aber nur 40 Prozent aller Säuglinge vier Monate lang ausschließlich - das heißt ohne Beigabe anderer Nahrung oder Flüssigkeiten - gestillt. Das internationale Forschungsvorhaben "Becoming Breastfeeding Friendly" (BBF) hat von 2017 bis 2019 die Rahmenbedingungen des Stillens in Deutschland untersucht. Die systematische Bestandsaufnahme hat ergeben, dass Deutschland bislang nur moderat stillfreundlich ist. Um Deutschland stillfreundlicher zu machen und die Stillförderung in Deutschland nachhaltig zu verbessern, hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) 2021 eine Nationale Strategie zur Stillförderung erarbeitet und einen entsprechenden Leitfaden herausgegeben. Dabei wurden bestehende und bewährte Angebote mit neuen Maßnahmen verzahnt und vor allem die relevanten Akteurinnen und Akteure vernetzt. Insbesondere wurden auch jene Frauen in den Blick genommen, die bislang seltener oder kürzer stillen.

Auf der Internet-Seite des BMEL finden sich vertiefende Informationen zu den wissenschaftlichen Studien, Informationen für Fachpersonal und auch Materialien, die durch Multiplikator*innen an Stillende weitergegeben werden können.

Runder Tisch Psychische Belastungen rund um Schwangerschaft und Geburt
Am 18.05. kamen unter der Leitung von Silvia Müller und Karin Beil (Netzwerkkoordinatorinnen der Frühen Hilfen Lehrte und Burgdorf) erstmalig fast 30 interessierte Fachpersonen aus unterschiedlichen Professionen zusammen, um sich zum (Tabu-)Thema der psychischen Erkrankung im Kontext von Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett auszutauschen.  Zwei Mitarbeiterinnen aus der Tagesklinik für Frauen des Klinikum Wahrendorff GmbH und eine Psychologin aus der Familien-Erziehungsberatungsstelle Burgdorf bereicherten die Veranstaltung mit einem fachlichen Input und verwiesen zur vertiefenden thematischen Auseinandersetzung auf die Internetseiten der Marcé-Gesellschaft für peripartale psychische Erkrankungen und den Verein Schatten und Licht e. V. Unter anderem wurde auch über die schlechte Versorgungslage mit ambulanten und stationären Angeboten für Frauen mit peripartalen psychischen Erkrankungen berichtet. Eine anwesende Kommunalpolitikerin hat zugesagt, sich hier engagieren zu wollen. Der Runde Tisch soll mehrmals jährlich zusammenkommen und richtet sich vornehmlich an Interessierte aus der Region Lehrte/Burgdorf, Gäste aus anderen Regionen sind aber z. B. zum Austausch über Best-Practice-Beispiele immer herzlich willkommen. Ein Folgetreffen ist für den Sommer geplant. Kontakt beil@burgdorf.de und Silvia.Mueller@lehrte.de.

   VERANSTALTUNGEN

█    Sie möchten auf eine Veranstaltung in Ihrer Region aufmerksam machen? Wir freuen uns über Ihre Zuschrift! Da der Newsletter immer zum Ende eines Quartals erscheint, werden bevorzugt die Veranstaltungen aufgenommen, die im Folgequartal stattfinden werden.

Gesundheit rund um die Geburt in Niedersachsen – Perspektiven und Innovationen zur Bewältigung aktueller Herausforderungen in der Geburtshilfe

   05. Juli 2022 in Hannover

Bald ist es so weit, unsere erste Fachtagung steht unmittelbar bevor! Am 05. Juli auf interdisziplinärer Ebene darüber diskutiert werden, wie die Rahmenbedingungen der Geburtshilfe zu Gunsten der Frauen bzw. (werdenden) Eltern optimiert werden können. Der Schwerpunkt soll auf den aktuellen Herausforderungen bei der Betreuung von gebärenden Frauen liegen. Es sollen Lösungsansätze und Innovationen diskutiert werden, um die geburtshilfliche Versorgung zu verbessern und den Frauen und Familien wieder echte Wahlmöglichkeiten für eine selbstbestimmte Geburt anbieten zu können. Die Veranstaltung soll Grundlage dafür sein, Handlungsempfehlungen für die Praxis abzuleiten und in den Aktionsplan zu integrieren. Die Veranstaltung ist bereits ausgebucht. Alle weiteren Informationen finden Sie auf der Website der LVG & AFS.

Abschlussfachtagung „Versorgungs- und Vernetzungssituation im Kontext von Gewalt gegen Frauen* und Mädchen* in Niedersachsen“

   12. Juli 2022 in Hannover

Die Koordinierungsstelle der niedersächsischen Frauen- und Mädchenberatungsstellen gegen Gewalt hat in den vergangenen zweieinhalb Jahren als Modellprojekt Strukturen des Unterstützungs- und Hilfesystem im Kontext von Gewalt gegen Frauen* und Mädchen* in Niedersachsen analysiert, unterstützt und geschaffen. Zum Ende des Modellprojektes lädt die Koordinierungsstelle am 12. Juli 2022 zur Abschlussfachtagung mit dem Schwerpunkt „Versorgungs- und Vernetzungssituation im Kontext von Gewalt gegen Frauen* und Mädchen* in Niedersachsen“ in den Pavillon Hannover ein.

JAHRESTAGUNG DER LVG & AFS

   13. Juli 2022, online

Im Rahmen der im Online-Format stattfindenden Jahrestagung soll diskutiert werden, welche Lehren aus dem Infektionsgeschehen, der Pandemiebekämpfung und der versuchten Prävention gezogen werden können, um allen Menschen die Chance auf ein Leben in Gesundheit und Wohlergehen unabhängig von ihrer sozialen Lage zu ermöglichen. Der international renommierte Experte für das Thema „gesundheitliche Chancengleichheit“, Prof. Sir Michael Marmot (Institute of Health Equity, University College London) wird die Tagung mit einem Vortrag eröffnen. In weiteren Beiträgen beleuchten Expert*innen aus Wissenschaft und Praxis unter anderem die Situation von Risikofamilien, Jugendlichen sowie älteren Menschen. Sie weisen auf notwendige politische Rahmensetzungen und zeigen erfolgreiche Praxisansätze auf, die vor Ort insbesondere auf Quartiersebene dazu beitragen, gesundheitliche Chancengleichheit zu fördern - und zwar in der Pandemie, aber auch darüber hinaus. Hier geht es zum Flyer und zum Anmeldeformular

Online-Themenabende für Eltern

Die Elternschule der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) veranstaltet regelmäßige Themenabende für Eltern. Inhalte sind z. B. Zahn- und Mundgesundheit, Haustiere, Ernährung, Vater werden… Das Angebot ist kostenlos, eine Anmeldung ist erwünscht. 

Offener Treffpunkt mit Familienhebamme für Schwangere und Mütter mit Baby (0-1 Jahr) aus der Ukraine

   Jeden Donnerstag 

Ab Mai findet in Laatzen jeden Donnerstag von 10 bis 11 Uhr regelmäßig ein Treffen für (werdende) Mütter aus der Ukraine statt.  Begleitet von einer Familienhebamme kann über Themen wie Schwangerschaft, Geburt, Stillen, geeignete Schwangerschaftskurse, Geburtskliniken, aber auch über Alltägliches, Ängste und Sorgen gesprochen werden. Das Angebot ist kostenlos. Treffpunkt: Marktplatz 5 in Laatzen-Mitte. Weitere Informationen über Stadt Laatzen, Frühe Hilfen, Maria Jakob, Marktplatz 2, 30800 Laatzen, Tel. 0511 / 8205-5408, E-Mail: maria.jakob@laatzen.de

   IM GESPRÄCH MIT ...

Porträtfoto von Frau Dr. med. Mignon-Denise Keyver-Paik, Chefärztin Frauenklinik Wolfsburg

Privatdozentin Dr. med. Mignon-Denise Keyver-Paik
Chefärztin Frauenklinik Wolfsburg

Aktionsbüro: Bitte stellen Sie sich mit drei Sätzen vor!

PD Dr. Keyver-Paik: Privatdozentin Dr. Mignon-Denise Keyver-Paik, Chefärztin der Frauenklinik Wolfsburg, Schwerpunkte in Gynäkologischer Onkologie und Perinatalmedizin und Geburtshilfe. Die Frauenklinik Wolfsburg ist eine von 20 Kliniken und Instituten eines Klinikums in kommunaler Trägerschaft und zusammen mit unserer Kinderklinik, die seit dem vergangenen Jahr einen tollen Neubau hat, betreiben wir ein Perinatalzentrum Level 1 und sind somit für Risikoschwangerschaften und Frühgeburten bestens gerüstet. Zu unserer Frauenklinik gehören zudem ein großes gynäkologisches Krebszentrum sowie ein Brustzentrum. Ich bin 46 Jahre alt, mit einem koreanischen Vater und einer deutschen Mutter im ländlichen Ostwestfalen aufgewachsen und vor einem Jahr aus der Position der Leitenden Oberärztin an der Uni Bonn ins niedersächsische Wolfsburg gekommen.

Aktionsbüro: Mit wem würden Sie gern mal eine Stunde über Ihre Wünsche zum Thema „Gesundheit rund um die Geburt“ sprechen?

PD Dr. Keyver-Paik: Unheimlich reizen würde mich ein runder Tisch mit den Standesvertretungen der Hebammen, der ärztlichen Seite und den Politikern, wie es in Deutschland und eben auch Niedersachsen mit der Geburtshilfe weitergehen soll.

Aktionsbüro: Um welches Thema würde sich dieses Gespräch maßgeblich drehen?

PD Dr. Keyver-Paik: Das duale (Hebammen-)Studium ist beschlossen und wird umgesetzt, die Strukturprobleme werden dabei aber zurzeit nicht kleiner. Wo bekomme ich genug Externatspartner*innen für die Studierenden her? Wie setzen wir die mit gutem Grund eingeforderten Stunden mit Praxisanleitung unter dem Druck des bereits bestehenden Hebammenmangels weiter um, und wie werden wir dabei Hebammen, Studierenden und vor allem aber den Gebärenden und ihren Familien gerecht? Welche Hilfestellung kommt konkret von den Entscheidern? Was das mit der Gesundheit rund um die Geburt zu tun hat? Nun, wir beschäftigen uns in der Geburtshilfe mit vielen ethischen, kulturellen und medizinisch-wissenschaftlichen Aspekten, aber für alles, was Sie an Qualität und Gesundheitsfürsorge umsetzen möchten, brauchen Sie Mitarbeitende, die mit ihrem Arbeitsumfeld, ihren Aufgaben und ihren Perspektiven zufrieden sind. Geburtshilfe ist Teamsache. Dies ist in Zeiten des Personalmangels oft nicht mehr selbstverständlich. Hier muss dringend etwas passieren.

Aktionsbüro: Wenn Sie sich von Ihrer/Ihrem Gesprächspartner*in eine Sache wünschen dürften: Was wäre das?

PD Dr. Keyver-Paik: Wir sind als rein kommunales Haus voll tarifgebunden. Ich wünsche mir, die Geburtshilfe für Hebammen in Krankenhäusern so attraktiv zu gestalten, eben auch tariflich, dass junge Hebammen nach ihrer Ausbildung gerne in der Geburtshilfe eines Krankenhauses arbeiten - auch bei maximaler Belastung wie in einem Perinatalzentrum Level I.

Aktionsbüro: Was wird Ihr nächstes Projekt?

PD Dr. Keyver-Paik: Wir wollen die Attraktivität unseres Kreißsaals in Wolfsburg für die Ausbildung und als langfristigen Arbeitsplatz weiter verbessern, eine Regel-Kommunikation zwischen Geburtshelfenden, freiberuflichen Hebammen, Klinikhebammen, Familienhebammen und allen, die sich um die Versorgung Schwangerer und Entbundener mit ihren Familien kümmern, fördern und durch eine gelebte Verzahnung die Versorgung rund um die Geburtshilfe in Wolfsburg und der gesamten Region weiter verbessern.

Aktionsbüro: Danke PD Dr. Mignon-Denise Keyver-Paik.

   IMPRESSUM

Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen e. V. 
Geschäftsführer: Thomas Altgeld 
Fenskeweg 2 
30165 Hannover 
Internet: www.gesundheit-nds.de
Twitter: @LVGundAFS

Die Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen e. V. (LVG & AFS Nds. e. V.) ist ein gemeinnütziger, unabhängiger und landesweit arbeitender Fachverband für Gesundheitsförderung, Prävention und Sozialmedizin mit Sitz in Hannover. Mitglieder sind Institutionen und Personen aus dem Gesundheits-, Sozial- und Bildungsbereich.

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