Newsletter
04 / 2024

Logo, Aktionsbüro Gesundheit rund um die Geburt
Ein Neugeborens liegt entspannt auf der Brust seines Vaters

Liebe Leser:innen,

da ist sie endlich wieder, die besinnliche Adventszeit. Sie bringt uns Kekse, Tee und Kerzenschimmer und natürlich auch den 4. Newsletter des Aktionsbüros in diesem Jahr. Wir blicken auf ein aufregendes Jahr zurück. Hitzige Debatten zur Krankenhausreform und das Aus der Ampel-Koalition brachten uns nicht zuletzt große Sorgenfalten. Aber auch viele Highlights gab es in diesem Jahr. So konnten wir beispielsweise mit unser Fachtagung zur politischen Konzeption von Hebammenkreißsälen viele Impulse mitnehmen, um die Geburtshilfliche Versorgung in Niedersachsen zu verbessern. Auch wurde die Implementierung von Hebammenkreißsälen in den Gesetzesentwurf der Krankenhausreform verankert, sodass wir optimistisch auf das kommende Jahr blicken können.

In diesem Newsletter berichten wir zu aktuellen Geschehnissen rund um Schwangerschaft, Geburt und Eltern sein sowie themenrelevanten Veranstaltungen in Niedersachsen – zum Beispiel waren wir im September zu einer richtig schönen Geburtstagsfeier der Hebammenzentrale Hannover eingeladen. Wenn Sie Wünsche, Kommentare, Tipps und Beiträge für die nächste Newsletter-Ausgabe haben, schreiben Sie gerne eine E-Mail an: aktionsbuero-geburt@gesundheit-nds-hb.de.

Viel Spaß beim Lesen, eine wunderbare Weihnachtszeit und alles Gute für das kommende wünscht Ihnen das Team vom Aktionsbüro Gesundheit rund um die Geburt in Niedersachsen!

Besuchen Sie auch die Website des Aktionsbüros Gesundheit rund um die Geburt in Niedersachsen unter www.gesundheit-rund-um-die-geburt-nds.de.

   AKTUELLES AUS DEM AKTIONSBÜRO

Das Aktionsbüro Gesundheit rund um die Geburt blickt optimistisch und voller Vorfreude auf das Jahr 2025, denn die regierungstragenden Fraktionen haben die Absicht, das Aktionsbüro im kommenden Jahr finanziell zu unterstützen. Die Arbeit des Aktionsbüros kann damit durch die Förderung weitergehen.

Im Nachklang zur Online-Fachtagung Eltern werden in Zeiten von Knappheit und Krise stellte das Aktionsbüro ein Themenheft mit Zusammenfassungen der Vorträge und Impulsen aus der Podiumsdiskussion zusammen. Das Themenheft wird in Kürze über die Website des Aktionsbüros zugänglich sein.

Auch zu der im September in Kooperation mit der Koordinierungsstelle Gesundheitliche Chancengleichheit und der Landeskoordinationsstelle Frühe Hilfen veranstalteten digitale Fachtagung „Gemeinsam stark“, die das Elternwerden in herausfordernden Lebenslagen in den Blick nahm, wird es ein Themenheft geben. Dieses wird über die Seite der KGC im Laufe des kommenden Jahres verfügbar sein.

Gemeinsam stark – Eltern werden in herausfordernden Lebenslagen war das Thema des gemeinsamen digitalen Fachtags am 10. September 2024, welche in Zusammenarbeit mit der Koordinierungsstelle Gesundheitliche Chancengleichheit Nds. und der Landeskoordinierungsstelle Frühen Hilfen stattfand. Mit einem Impulsvortrag von Professorin Dr.in Allmendinger, ehemalige Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung und Professorin an der Humboldt-Universität zu Berlin, startete der Fachtag. Sie beleuchtete in ihrem Vortrag die vielfältigen Herausforderungen, denen Eltern und insbesondere Mütter und Alleinerziehende in sozial prekären oder belastenden Lebenssituationen gegenüberstehen. Die Zeit rund um die Geburt – so einzigartig und schön, wie sie auch sein kann, birgt viele Herausforderungen. Diese können insbesondere für Menschen in ohnehin schwierigen Lebenslagen schnell überfordernd sein. Die ernüchternden Zahlen zeigten: gut ein Fünftel der deutschen Bevölkerung ist von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht und jedes fünfte Kind wächst in Armut auf. Rund 41 Prozent der Alleinerziehenden (hauptsächlich Frauen) sind armutsgefährdet. Zusätzliche Herausforderungen durch Krisen machen es für Familien besonders schwer, die Kraft und die finanziellen Mittel aufzubringen, um ihre Kinder in einer sicheren Umgebung gesund aufwachsen lassen zu können. Armut, Wohnungsarmut und Migrationsgeschichte bedeuten auch für Kinder Abhängigkeit von staatlichen Leitungen mit der Folge von Ausgrenzungsprozessen. Segregationsprozesse zwischen bestimmten Personengruppen und ganzen Stadtteilen zeigen sich immer deutlicher und erschweren damit eine gelungene Integration. Einem niedrigschwelligen und barrierearmen Zugang zu Hilfe- und Unterstützungssystemen kommt daher zusammen mit einer guten interdisziplinären Vernetzung eine wichtige Rolle zu. Dies ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass auch Eltern mit niedriger Gesundheitskompetenz, beispielsweise bei einem niedrigem Bildungsstatus oder Unkenntnis über das deutsche System als Geflüchtete, die Angebote des Hilfe- und Gesundheitssystems in Anspruch nehmen. Für Eltern mit vielschichtigen Bedarfen, zum Beispiel im Fall einer Behinderung oder bei Wohnungslosigkeit, ist es genau so wichtig, dass die interprofessionelle Zusammenarbeit gelingt und die Systeme Hand in Hand arbeiten.

Nach dem Impulsvortrag fanden zwei themenspezifische Foren-Runden rund um das Thema „Eltern werden in herausfordernden Lebenslagen“ statt, bei denen die Teilnehmenden die Möglichkeit hatten, themenspezifische niedrigschwellige Angebote kennenzulernen und über ihre Erfahrungen und Herausforderungen zu diskutieren. Die Foren deckten ein breites Spektrum an Themen ab, darunter Armut, Flucht, psychische Gesundheit, Behinderungen und Wohnungslosigkeit im Kontext des Elternwerdens.

Die Veranstaltung zeigte eindrücklich, dass insbesondere Eltern in schwierigen Lebenslagen auf passgenaue Unterstützungssysteme und eine enge Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Fachdisziplinen und Einrichtungen angewiesen sind. Die abschließende Fishbowl-Diskussion mit den Referierenden ermöglichte es den Teilnehmenden, ihre Eindrücke und Anregungen in den gemeinsamen Austausch einzubringen. Diskutiert wurde über die Rahmenbedingungen und Angebote, die es braucht, um die Dialoggruppen besser zu unterstützen und wie eine gute Zusammenarbeit der Akteur:innen des Hilfe- und Gesundheitssystems gelingen kann. Die Tagung verdeutlichte: nur gemeinsam und mit einem starken interdisziplinären Netzwerk können wir sicherstellen, dass auch Eltern in herausfordernden Situationen die Unterstützung erhalten, die sie benötigen, um ihren Kindern ein gesundes und sicheres Aufwachsen zu ermöglichen. Wir danken allen Teilnehmenden für die lebhafte Diskussion und den wertvollen Austausch!

Online-Fortbildung Hebammenkreißsaal
Können Hebammenkreißsäle ein wichtiger Beitrag zur Lösung für die akuten Personalengpässe in der geburtshilflichen Versorgung sein und gleichzeitig die Qualität in der Geburtshilfe steigern? Welche politischen und strukturellen Rahmenbedingungen sind notwendig, um Hebammenkreißsäle flächendeckend zu implementieren und als festen Bestandteil der klinischen Geburtshilfe zu etablieren?

Diesen und vielen weiteren Fragen widmete sich am 01. Oktober 2024 die Veranstaltung „Politische Konzeption von Hebammenkreißsälen in Niedersachsen – Strategien zur flächendeckenden Implementierung“. Ziel war es, die Herausforderungen der Implementierung und Potenziale von Hebammenkreißsälen für die Geburtshilfliche Versorgung in Niedersachsen zu diskutieren und Wege zur Umsetzung aufzuzeigen. Organisiert wurde die Veranstaltung in Kooperation mit dem Hebammenverband Niedersachsen e.V., dem Aktionsbündnis Gesundheit rund um die Geburt in Niedersachsen, Mother Hood e.V. und dem Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung.

Julia Hinrichs, Hebamme im (Hebammen-)Kreißsaal Gehrden im Klinikum der Region Hannover, trug zum Einstieg der Veranstaltung einen persönlichen Geburtsbericht vor, der das Konzept des Hebammenkreißsaals aus Sicht einer Gebärenden beleuchtete. Für die „frischgebackene“ Mutter waren „der Klinik-Kontext sowie die Möglichkeit, im Notfall zügig medizinische Hilfe zu erhalten“ wichtige Kriterien und „die optimale Lösung, um in einem persönlicheren Kreis zu gebären und trotzdem medizinisch optimal eingebunden zu sein.“ Im Anschluss folgte ein Impulsvortrag von Andrea Köbke vom Deutschen Hebammenverband e.V., die das Konzept des Hebammenkreißsaals als zukunftsweisend für die Geburtshilfe vorstellte. Sie hob hervor, dass hebammengeleitete Kreißsäle eine sinnvolle Ergänzung zum interdisziplinären geburtshilflichen Angebot in Kliniken darstellen und dazu beitragen, den zunehmenden Fachkräftemangel zu entschärfen und eine hohe Betreuungsqualität zu gewährleisten.

In Deutschland existieren bereits wichtige Rahmenbedingungen, die dieses Modell unterstützen, wie die S3-Leitlinie zur vaginalen Geburt am Termin und das 9. Nationale Gesundheitsziel rund um die Geburt. Der aktuelle Koalitionsvertrag der Bundesregierung enthält eine klare Formulierung: dort wird beschrieben, dass eine „wohnortnahe und für Mütter und Kinder zugleich sichere Geburt“ höchste Priorität hat und dass in Anlehnung an das nationale Gesundheitsziel „Gesundheit rund um die Geburt“ der Hebammenberuf gestärkt  werden soll. Zudem sollen „Fördermöglichkeiten des Landes für ambulante und außerklinische Geburtshilfe sowie für hebammengeleitete Kreißsäle“ geprüft werden.

Ein maßgeblicher Grund für die Implementierung von Hebammenkreißsälen ist die Evidenz über die positiven Effekte von hebammengeleiteter Geburtshilfe. Mit der Refinanzierung der Hebammenstellen, die ab dem 01.01.2025 über das Pflegebudget sichergestellt wird, ist die Basis geschaffen, die Stellenpläne im klinischen Setting finanziell abgesichert auszubauen und die 1:1- Betreuung durch Hebammen zu ermöglichen.

Im Anschluss sprach Staatssekretärin Dr.in Christine Arbogast ein Eröffnungsstatement, das die Podiumsdiskussion einleitete. Es sei zentral, die Autonomie der Frauen zu stärken und ihnen Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten und Entscheidungen rund um die Geburt zu vermitteln. Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett seien natürliche Prozesse, die keine ärztlichen Eingriffe erfordern, solange alles normal (ohne Risiko) verläuft. Diese Perspektive gehe jedoch oft im klinischen Alltag verloren. Es sei wichtig, anzuerkennen, dass Frauen ein Recht auf eine selbstbestimmte Geburt und eine gute und verlässliche Betreuung durch Hebammen haben, die eine Schlüsselrolle spielen. Die Krankenhausreform, so Dr.in Arbogast, soll einen Beitrag dazu leisten, dass Modelle wie der Hebammenkreißsaal zukünftig flächendeckend umgesetzt werden können.

Nach dem Eröffnungsstatement von Dr.in Arbogast bereicherten weitere Expert:innen, darunter Kimberley Schumacher von Mother Hood e. V., Hilke Schauland vom Hebammenverband Niedersachsen e. V., Dr. Karl-Heinz Noeding, Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe am Helios Klinikum Hildesheim, sowie die Landtagsabgeordneten Dr.in Tanja Meyer (Bündnis 90/Die Grünen), Karin Emken (SPD) und Sophie Ramdor (CDU) die Podiumsdiskussion.

Aus dem Publikum kam als wesentlicher Aspekt die Frage auf, wie die Finanzierung und die strukturellen Rahmenbedingungen gestaltet werden müssen, um das Modell flächendeckend zu etablieren. Es gab den Hinweis auf die Förderkonzepte in anderen Bundesländern wie Hessen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg und es wurde eine ähnliche Unterstützung auch für Niedersachsen gefordert. Gleichzeitig wurde die Notwendigkeit betont, den politischen Willen zur Umsetzung zu stärken und den Hebammenkreißsaal als festen Bestandteil der Geburtshilfe im Krankenhausversorgungsgesetz zu verankern. Abschließend wurde auch die Problematik der zunehmenden Ausdünnung des stationären geburtshilflichen Versorgungsangebotes durch Abteilungsschließungen angesprochen. Hier bedarf es dringend eines transparenten Konzeptes, welche Standorte in jedem Fall erhalten bleiben müssen, damit eine sichere und vielfältige geburtshilfliche Versorgung für alle werdenden Eltern in Niedersachsen weiterhin gewährleistet werden kann. Hilke Schauland brachte es auf den Punkt: „Damit aus Lücken keine Löcher im Versorgungssystem werden, muss nun gehandelt werden.“

Ganz aktuell hat der Bundestag mit dem Krankenhausreformgesetz (KHVVG) die finanzielle Förderung des Hebammenkreißsaals nun gesetzlich verankert. Eine G-BA-Richtlinie wird die Umsetzung regeln, und eine Kommission mit Beteiligung von Hebammen wird verbindliche Personalvorgaben für die klinische Geburtshilfe erarbeiten. Nachdem der politische Wille nun deutlich formuliert wurde, gilt es jetzt, das vom DHV erarbeitete Konzept zur Einführung von Hebammenkreißsälen in Niedersachsen zeitnah und flächendeckend umzusetzen.

Am 25. Februar wird organisiert durch den Hebammenverband Niedersachsen eine Präsenzveranstaltung mit dem Titel Netzwerktreffen Hebammenkreißsaal im Pavillon Hannover stattfinden. Die Anmeldung zu der Veranstaltung ist bereits möglich.

Berichte zu dieser Veranstaltung sind auch im Ärzteblatt und in Springer Pflege erschienen.

   NETZWERKARBEIT

5. Geburtstag der Hebammenzentrale der Region Hannover
Am 19. September hatten Silvia Vihs, Christina Reinartz und Tina Fischer vom Team der Hebammenzentrale der Region Hannover auch im Namen der Regionspräsidentin Christine Karrasch und der Fachbereichsleitung Öffentliches Gesundheitswesen Marlene Graf zur Feier anlässlich des 5. Geburtstages der Hebammenzentrale ins Regionsgebäude eingeladen. Im charmanten Wechsel moderierten die drei Hebammen durch das abwechslungsreiche Programm, warfen einen Blick in die Geschichte der Hebammenversorgung in Hannover und lockerten die Fakten und Zahlen mit Interviews und Zeitzeug:innenberichten auf. Der in Hannover ansässige Staude-Verlag, der die Berufsgruppe der Hebammen seit 1886 begleitet, hatte historische Dokumente zur Verfügung gestellt und zwei künstlerische Einlagen mit sehr persönlicher Note von Ninia LaGrande gaben der Veranstaltung einen besonderen Rahmen. Im bunt gemischten Publikum konnten Hebammen, Ärzt:innen, Politiker:innen und viele weitere Interessierte in einen fruchtbaren Austausch kommen und die erfolgreiche Arbeit der Hebammenzentrale würdigen.

Besuch im Hebammenkreißsaal Gehrden
Im Nachgang zu der Veranstaltung „Politische Konzeption von Hebammenkreißsälen in Niedersachsen – Strategien zur flächendeckenden Implementierung“ hatten die Mitarbeiterinnen des Aktionsbüros Gesundheit rund um die Geburt die Gelegenheit, den Hebammenkreißsaal im KRH Klinikum Robert Koch in Gehrden zu besuchen. Anja Nasarek, die Leiterin des Kreißsaals, und die erfahrene Hebamme Julia Hinrichs gaben dabei spannende Einblicke in ihre tägliche Arbeit und die Besonderheiten der geburtshilflichen Abteilung. Bereits seit 2009 wird nach dem Konzept des Hebammenkreißsaals praktiziert (siehe auch Rubrik Best Practice im 11. Newsletter 2024). In Gehrden zeigt sich, dass das Konzept des Hebammenkreißsaals sowohl von den Hebammen als auch von den betreuten Familien gut angenommen wird. Es gibt zudem immer wieder gezielte Bewerbungen genau aus diesem Grund. Alle Planstellen sind besetzt und es gibt wenig Fluktuation im Team. Für viele Hebammen ist die Arbeit hier besonders attraktiv, weil sie mehr Verantwortung übernehmen können und die Geburt im Einklang der Bedürfnisse der Gebärenden und der Zeit, die es für die Geburten braucht, begleiten dürfen. Wenn keine Geburtsrisiken auftreten, werden die Gebärenden im Hebammenkreißsaal ausschließlich von Hebammen begleitet. Gleichzeitig bleibt das Fachärztliche Team stets auf Abruf, falls ein höherer medizinischer Bedarf auftritt. Hebammenkreißsäle setzen auf eine enge Zusammenarbeit, eine interprofessionelle Betreuung und klare Sicherheitsnetze. Angesprochen auf die noch nicht umgesetzte Zertifizierung geben die Hebammen an, viele der Vorgaben ohnehin schon zu erfüllen und auch an den regelmäßigen Austauschangeboten des Deutschen Hebammenverbandes teilzunehmen. Derzeit sind die hohen Kosten für das Zertifizierungsverfahren und die sich anschließenden Rezertifizierungen noch ein deutliches Hemmnis. Es fehlt ein erkennbarer Vorteil für die Abteilung durch das Zertifizierungsverfahren. Für werdende Eltern bietet das Klinikum Gehrden umfassende Informationen – viele hören durch ihre eigene Hebamme vom Hebammenkreißsaal, informieren sich über die Klinikwebsite oder kommen zu einer Kreißsaalführung. Zudem finden Gespräche zur Hebammengeleiteten Geburt mit den werdenden Eltern statt. Auf die Nachfrage, was anderen Kliniken helfen könnte, um erste Schritte in Richtung eines Hebammenkreißsaals zu gehen, empfahl Anja Nasarek den regelmäßigen Austausch zwischen den Kliniken, die bereits erfolgreich mit diesem Konzept arbeiten, und interessierten Einrichtungen. Um eine nachhaltige Umsetzung von Hebammenkreißsälen zu ermöglichen, sind jedoch langfristige und klar geregelte Förderstrukturen notwendig. Nur so kann das Modell auch flächendeckend Fuß fassen und langfristig das geburtshilfliche Versorgungsangebot erweitern.

Treffen mit Isa Groth vom Kinderhospiz Löwenherz
Am 17. Oktober gab es ein Treffen mit Isa Groth, die für das Kinderhospiz Löwenherz pränatale Begleitung für Eltern mit einem schwerstkranken, ungeborenen Kind anbietet. Eine ausführliche Beschreibung dieses Angebotes findet sich in der Rubrik Best Practice in diesem Newsletter.

Netzwerkkoordination „Frühe Hilfen“ in Lehrte
Am 24. Oktober fand in Lehrte koordiniert durch die Netzwerkkoordinatorinnen der Frühen Hilfen Yasemin Bilici und Celine Braun ein Austauschtreffen mit den freiberuflichen Hebammen aus Lehrte und Umland, den Familienhebammen- und Familienkinderkrankenschwestern der Stadt Lehrte sowie der Hebammenzentrale der Region Hannover statt. Im Anschluss an die ausführliche Vorstellung des Angebotes, das für die (werdenden) Eltern in und um Lehrte durch die Frühen Hilfen bereitgehalten wird, nahm das Aktionsbüro Gesundheit rund um die Geburt die Gelegenheit wahr, über seine Arbeit zu berichten. Gemeinsam trugen die Teilnehmenden zusammen, welche Angebote in und um Lehrte derzeit noch ausbaufähig sind und wie man (werdende) Väter damit noch besser erreichen kann. Es ist geplant, etwa zweimal jährlich in dieser Runde zusammenzukommen.  

Austauschtreffen im Kreißsaal Großburgwedel
Die Hebammen im Kreißsaal Großburgwedel hatten für den 28. Oktober die freiberuflichen Hebammen aus dem Umland eingeladen. Die Abteilung hat derzeit trotz eines sehr an den individuellen Bedürfnissen und Wünschen der Frauen und Familien ausgerichteten Konzeptes sehr niedrige Geburtenzahlen, da viele Schwangere trotz normal verlaufender Schwangerschaft zur Geburt die Nähe einer Kinderklinik wünschen und ihr Kind nicht in einem Level 4-Haus zur Welt bringen möchten.

Dies verdeutlicht einmal mehr den dringenden Bedarf für einen Wandel in der Schwangerenbetreuung. Wenn es gelingt, diese Lebensphase als physiologisch zu betrachten und Frauen ohne besonderen Überwachungsbedarf nicht unbegründet mit Untersuchungen zu verunsichern, ist der Grundstein dafür gelegt, dass auch das Vertrauen auf einen physiologischen Geburtsverlauf entstehen kann und Level 4-Kliniken als ein sicherer Geburtsort empfunden werden, der sie sind.

Das Treffen bot die Möglichkeit, die Räumlichkeiten der nördlichsten und kleinsten der drei geburtshilflichen Abteilungen des Klinikums der Region Hannover zu besichtigen und über das geburtshilfliche Konzept des Großburgwedeler Teams in den Austausch zu kommen. Die leitende Hebamme Friederike Berger stellte unterstützt von ihren Kolleginnen und Chefarzt Dr. Aref Alemi das Betreuungskonzept vor. Durch die sehr gute Stellenbesetzung und zusätzliche Unterstützung durch zwei Beleghebammen ist fast ausnahmslos eine Eins-zu-eins-Betreuung der Gebärenden möglich. Die freiberuflichen Hebammen nutzen die Gelegenheit, um Fragen z. B. zur CTG-Überwachung, zur Abnabelung und zum Schmerz- und Stillmanagement zu stellen. Positiv beeindruckt ging die Runde auseinander mit der festen Überzeugung, dass die kleine Abteilung als wichtiges Angebot für den Erhalt einer vielfältigen geburtshilflichen Landschaft unbedingt erhalten bleiben muss.

Austauschtreffen im Kreißsaal Großburgwedel

Gute Geburtshilfe in der Region Hannover
Am 29. Oktober trafen sich auf Initiative des Niedersächsischen Hebammenverbandes e. V. (HVN) Interessierte aus vielen unterschiedlichen Berufsgruppen in Hannover, um über die Zukunft der Geburtshilfe in Hannover ins Gespräch zu kommen. Nach der Begrüßung durch die beiden Vorsitzenden des HVN, Hilke Schauland und Susanne Huhndorf, gab es einen kurzen Input zu den Inhalten des 9. Nationalen Gesundheitsziels. Obwohl dies schon 2017 veröffentlicht wurde, machten Hilke Schauland und Susanne Huhndorf deutlich, dass es nach wie vor an vielen Stellen kleine und auch größere Handlungsbedarfe gibt, um die im Gesundheitsziel festgeschriebenen Teilziele zu erreichen.

Zum Einstieg der Podiumsbeiträge wurde ein Statement von Mother Hood e. V. verlesen. Danach trug Kristina Quakulinsky die Perspektive und das Angebot der Frühen Hilfen vor, Dr. Lars Brodowski äußerte sich aus ärztlicher Perspektive für die MHH, Bettina Schöne sprach für die Fachhochschule des Mittelstandes und Birgit Ballweg, Regionspolitikerin für das Bündnis 90/Die Grünen und Ernesto Nebot Pomar von der SPD äußerten sich aus der Perspektive der Politik. Hilke Schauland sprach für den HVN aus Sicht der Hebammen. Zentrales Element war in allen Wortbeiträgen das Erreichen einer höchstmöglichen Zufriedenheit der (werdenden) Eltern, die Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse und Bedarfe mit dem Ziel einer angemessenen und sicheren Versorgung und einer individuellen, frauzentrierten Geburtshilfe. Auch das Konzept des Hebammenkreißsaals wurde thematisiert. Hier ist politische Unterstützung sehr wichtig, um dieses Angebot in allen geburtshilflichen Abteilungen der Region Hannover aufbauen zu können.

Leider gab es krankheitsbedingt sowohl auf dem Podium als auch im Publikum einige Absagen. Dies tat aber der lebhaften Diskussion, die der Präsentation der Statements folgte, keinen Abbruch und es konnten einige weitere Schritte vereinbart werden, die das Netzwerk mit starker Stimme aktiv in die Umsetzung bringen möchte. Hierzu gehört zum Beispiel die Suche nach einer guten Strategie zur regelhaften Nachbesprechung der Geburten, damit Eltern das Geburtserlebnis besser verstehen und verarbeiten können.

Am Ende der Veranstaltung stellte Susanne Huhndorf eine Vereinbarung für die Weiterführung der Netzwerkarbeit vor. Neben dem erklärten Willen zur Mitarbeit sind hier eine Bedarfsanalyse, Ziele und die Evaluation der Maßnahmen festgeschrieben. Es wurde ein Ausblick auf einen virtuellen Folgetermin gegeben und mit informellen Gesprächen klang die Veranstaltung aus.

Juliane-Bartel-Medienpreisverleihung
Unter der Regie des Landes Niedersachsen wurde gemeinsam mit dem NDR und der Niedersächsischen Landesmedienanstalt am 5. November im NDR-Landesfunkhaus in Hannover zum 23. Mal der Juliane Bartel Medienpreis verliehen. Moderiert von Christina Saß wurden in vier Kategorien (Shorts, Doku visuell, Doku Audio und Fiktion & Entertainment) Beiträge ausgezeichnet, die die Gleichstellung von Frauen und Männern thematisieren.

Durch kurze Plots konnte das Publikum jeweils für ein kleines Stück in die nominierten Beiträge blicken und sich von der hohen Qualität der Arbeiten überzeugen, die der Jury die Auswahl der Preisträger:innen (20 Beiträge aus 145 Einreichungen) sehr schwer gemacht hat. In der Kategorie "Shorts" erhielt Lisa-Marie Idowu den Preis für ihren Instagram-Beitrag "Chatbot Karrieretipps: 300.000 Euro teure Vorurteile". Mit Ulrike Bremer und Susanne Binninger wurden in diesem Jahr erstmals zwei Siegerinnen in der Kategorie "Doku Visuell" gekürt. Unter dem Titel "Helfen gegen Widerstände - Die Ärztinnen von Montfermeil" erzählt Ulrike Bremer von den Mitarbeiterinnen einer gynäkologischen Abteilung eines französischen Krankenhauses, die schwangeren obdachlosen Frauen eine bessere medizinische Versorgung ermöglichen. Im Film von Preisträgerin Susanne Binninger geht es um die Lebensrealität von Frauen im Bereich der Pflege. Sophie Rauch und Floris Asche erhielten für ihren Podcast "Diagnose Unangepasst - Der Albtraum Tripperburg" über gewaltsame und missbräuchliche Maßnahmen in DDR-Einrichtungen für Sexualkrankheiten den Preis in der Kategorie "Doku Audio". Ebenfalls ausgezeichnet wurde Sebastian Colley für die Folge "Kroymann - Ist die noch gut?" über Schauspielerin Maren Kroymann in "Fiktion und Entertainment". Der Sonderpreis der Jury ging in diesem Jahr an Yasmina Hamlawi für ihren Beitrag "Perle - Der Weg zurück zur körperlichen Unversehrtheit" über Frauen, die in ihrer somalischen Heimat als Mädchen beschnitten wurden.

Zu Gast war auch die Staatssekretärin im Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung Dr.in Christine Arbogast. Sie betonte die wichtige Rolle von starken weiblichen Vorbildern für die Entwicklung von Mädchen und jungen Frauen, die dazu ermutigen, neue Wege zu gehen und mit veralteten Rollenbildern zu brechen. Da Medienformate und Social-Media-Kanäle nicht selten unrealistische und stereotypische Körperbilder bewerben, erachtet sie die Vielfalt in der medialen Darstellung von Frauenkörpern als wichtig für eine gesunde und selbstbewusste Entwicklung von Frauen.

Durch die musikalische Untermalung mit Musikbeiträgen von Sobi wurde die Veranstaltung abgerundet.

Juliane-Bartel-Medienpreisverleihung

Runder Tisch Geburtshilfe
Für den Runden Tisch Geburtshilfe steht am 13. Dezember noch ein Treffen in großer Runde an. Die Arbeitsgruppe Hebammenkreißsaal hat am 1. Oktober erfolgreich die Veranstaltung „Politische Konzeption von Hebammenkreißsälen in Niedersachsen – Strategien zur flächendeckenden Implementierung“ durchgeführt. Der ausführliche Bericht dazu ist in der Rubrik Aktuelles zu finden. Aus der Arbeitsgruppe Verbesserung der Gesundheitskompetenz von Schwangeren, Müttern und Familien gibt es zu berichten, dass unter der Regie des Hebammenverbandes Niedersachsen die Pilotierung eines Modells für die Gruppenschwangerenvorsorge auf den Weg gebracht wird. Des Weiteren wird an einem möglichen Konzept für eine Info-Kampagne zur Verbesserung der Gesundheitskompetenz von (werdenden) Eltern gearbeitet, die auch vulnerable Gruppen erreichen kann.

Website
Die Website des Aktionsbüros Gesundheit rund um die Geburt in Niedersachsen wurde wie gewohnt fortlaufend aktualisiert und ergänzt, um die Informationen zu den Bereichen Schwangerschaft, Geburt und Elternschaft aktuell und umfangreich zu gestalten. Die Veranstaltungsseite zeigt sich seit Juli mit einer neuen, übersichtlicheren Aufteilung.

Gern können Sie uns über das Kontaktformular auf Veranstaltungen hinweisen, die wir zur Veröffentlichung auf die Website des Aktionsbüros aufnehmen sollen. Wir laden Sie herzlich ein, die Website zu erkunden und uns Ihr Feedback mitzuteilen. Neue Impulse und Themenwünsche sind jederzeit willkommen!  

   WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG

Follow-up bis zur Adoleszenz nach früher Einführung von Erdnüssen zur Allergieprävention 
(Follow-up to Adolescence after Early Peanut Introduction for Allergy Prevention)
George Du Toit, Michelle F. Huffaker, Suzana Radulovic, Mary Feeney, Helen R. Fisher, Margie Byron, Lars Dunaway et al. & Immune Tolerance Network LEAP-Trio Trial Team

Eine im NEJM Evidence publizierte Arbeit von Du Toit et al. (2024) beschreibt Ergebnisse der Nachbeobachtung von Jugendlichen, die als Säuglinge an der randomisierten LEAP-Studie (Learning Early About Peanut allergy) teilgenommen hatten. Es zeigte sich, dass eine durch den frühen Verzehr von Erdnüssen im Säuglingsalter erworbene Immuntoleranz die Kinder bis ins Teenageralter (und vermutlich auch darüber hinaus) vor einer Erdnussallergie schützt und zwar auch dann, wenn sie zwischenzeitig keine Erdnüsse verzehrt haben. Die Autor:innen ziehen den Schluss, dass die ersten Lebensjahre vermutlich entscheidend für die Vermeidung von Nahrungsmittelallergien sind, da das Immunsystem im Darm in dieser Zeit lernt, bestimmte Antigene zu akzeptieren. Fehlt diese Lernphase, werden dieselben Antigene später als fremd erkannt und attackiert, was eine Lebensmittelallergie auslöst. In der Konsequenz muss festgestellt werden, dass sich die damalige Empfehlung der Allergologen, potenziell allergene Nahrungsmittel wie Erdnüsse, aber auch Eier, Milchprodukte oder Fisch im ersten Lebensjahr zu meiden, als „Bärendienst“ an den besorgten Eltern (und den betroffenen Kindern) erwiesen hat.

Ausschlaggebend für die Durchführung der randomisierten LEAP-Studie war eine Beobachtung des Immunologen George Du Toit vom King’s College London. Ihm war aufgefallen, dass die Kinder jüdischer Eltern in England zehnmal häufiger an einer Erdnussallergie erkrankten als ihre Verwandten in Israel. Eine Befragung ergab, dass die englischen Juden dem Ratschlag der Allergologen gefolgt waren und der Babynahrung keine Erdnüsse zugefügt hatten, wie dies in Israel üblich ist. Die Hypothese der britischen Forscher wurde dann mit Unterstützung des US-National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID) überprüft. Eltern von 640 Säuglingen im Alter von vier bis elf Monaten mit einem erhöhten Risiko auf eine Nahrungsmittelallergie wurden gebeten, Erdnüsse bis zum Alter von 60 Monaten bei ihren Kindern zu meiden – oder in der Kontrollgruppe die Nahrung bewusst mit Erdnussbutter anzureichern. Aus damaliger allergologischer Sicht war dies ein riskantes Vorhaben, das sich allerdings auszahlen sollte.

Im Alter von fünf Jahren waren nur 1,9 % der Kinder, die regelmäßig Erdnussbutter erhalten hatten, an einer Erdnussallergie erkrankt gegenüber 13,7 % der Kinder, bei denen Erdnüsse strikt gemieden wurden. Die im New England Journal of Medicine (2015) publizierten Ergebnisse wurden seinerzeit von Allergologen mit großem Erstaunen zur Kenntnis genommen. Inzwischen gehört die Vermeidung von Allergenen nicht mehr zu den empfohlenen Präventionsstrategien gegen Nahrungsmittelallergien.

Verbesserung der Gesundheit in den ersten Lebensjahren: Eine Kostenanalyse der Säuglingsernährung und Gesundheitsfürsorge
(Levelling up health in the early years: A cost-analysis of infant feeding and healthcare)
Omotomilola Ajetunmobi, Emma McIntosh, Diane Stockton, David Tappin, Bruce Whyte

In Schottland ist das Stillen, welches als optimale Ernährungsform in den ersten sechs Monaten empfohlen wird, nicht die vorherrschende Ernährungsform für Säuglinge. In einer Studie wird der Einfluss der Ernährungswahl für Säuglinge auf die Kosten der primären und sekundären Gesundheitsversorgung bei einer Kohorte in einem Zeitraum von 13 Jahren untersucht. In einer retrospektiven Kohortenstudie mit 502.948 Einzelkindern, die zwischen 1997 und 2009 in Schottland geboren wurden, wurden die Kosten für Arztbesuche und Krankenhauseinweisungen nach Art der Säuglingsernährung in den ersten 6 bis 8 Wochen nach der Geburt für zehn häufige Kinderkrankheiten von der Geburt bis zum 27. Monat geschätzt. Darüber hinaus wurden die potenziellen Einsparungen im Gesundheitswesen  berechnet, wenn alle Säuglinge in der Kohorte im Alter von 6-8 Wochen ausschließlich gestillt worden wären. Während des Untersuchungszeitraums beliefen sich die geschätzten Kosten für Krankenhauseinweisungen in der Kohorte auf 111 Millionen Pfund. Die Ergebnisse zeigten, dass gestillte Säuglinge weniger Gesundheitsdienste in Anspruch nahmen und geringere Kosten verursachten als Säuglinge, die eine beliebige Säuglingsmilch erhielten. Mindestens 10 Millionen Pfund an Gesundheitskosten hätten vermieden werden können, wenn mit Säuglingsmilch gefütterte Säuglinge in den ersten 6 bis 8 Wochen nach der Geburt ausschließlich gestillt worden wären. Der Volltext ist unter PubMed oder diesem Link verfügbar.

Estimation of stillbirths attributable to ambient fine particles in 137 countries
(Feinstaub als stille Gefahr: Fast die Hälfte aller Totgeburten weltweit durch Luftverschmutzung verursacht)
Tao Xue, Mingkun Tong, Jiajianghui Li, Ruohan Wang, Tianjia Guan, Jiwei Li, Pengfei Li, Hengyi Liu, Hong Lu, Yanshun Li & Tong Zhu

Feinstaub ist nicht nur ein Problem für unsere Atemwege, sondern kann auch das Leben ungeborener Babys gefährden. Ein Forscherteam aus China hat erstmals den erschreckenden Zusammenhang zwischen Feinstaubbelastung und Totgeburten weltweit aufgezeigt.

Die Ergebnisse der Studie "Estimation of stillbirths attributable to ambient fine particles in 137 countries", veröffentlicht in der Fachzeitschrift "Nature Communications", sind besorgniserregend: Fast die Hälfte aller Totgeburten im Jahr 2015 wurde durch Feinstaubpartikel verursacht. Diese winzigen Partikel entstehen hauptsächlich bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe und sind in stark verschmutzten Gebieten, vor allem in Asien, Afrika und Lateinamerika, besonders verbreitet.

Laut der Studie erhöht eine Feinstaubbelastung über dem WHO-Grenzwert von 10 Mikrogramm pro Kubikmeter das Risiko einer Totgeburt um 11 Prozent. Besonders ältere Schwangere sind stärker gefährdet. Feinstaub kann in die Plazenta eindringen und dort irreparable Schäden anrichten, die die Sauerstoffversorgung des Embryos beeinträchtigen.

Die Folgen für die betroffenen Mütter sind gravierend. Neben dem emotionalen Trauma durch den Verlust des Kindes besteht auch ein erhöhtes Risiko für physische Komplikationen wie Blutungen und Infektionen. Besonders in weniger entwickelten Ländern kommt oft noch soziale Stigmatisierung hinzu. Die Forscher fordern nun dringend Maßnahmen, um die Luftqualität zu verbessern und die Gesundheit von Müttern und ungeborenen Kindern zu schützen.

   BEST PRACTICE

In dieser Rubrik wird ein Best-Practice-Beispiel vorgestellt, das dazu beiträgt, das Angebot und/oder die Unterstützung rund um Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und erstes Lebensjahr in einer Region zu verbessern. In diesem Newsletter wird das Kinderhospiz Löwenherz vorgestellt.

Kinderhospiz Löwenherz: Pränatale Begleitung
Das Kinderhospiz Löwenherz in Syke bei Bremen nimmt Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit lebensverkürzend verlaufenden Krankheiten auf, bei denen eine Heilung nach aktuellem Stand der Medizin ausgeschlossen ist. Zusätzlich bietet der Verein mit seinen ambulanten Kinderhospiz-Stützpunkten in Braunschweig, Lingen, Lüneburg und Bremen betroffenen Familien Begleitung und Unterstützung an. Aufgrund der erhöhten Nachfrage startete Löwenherz vor vier Jahren zusätzlich das neue Angebot der pränatalen Begleitung – es richtet sich an werdende Eltern, die ein schwerstkrankes oder nicht lebensfähiges Baby erwarten. Löwenherz begleitet seitdem auch Familien bereits ab dem Zeitpunkt der Diagnose in der Schwangerschaft bis über den Tod des Kindes hinaus. Die pränatale Begleitung versteht sich dabei als eine psychosoziale Wegbegleitung der Familien, die in Form von regelmäßigen Beratungsgesprächen durch geschultes Fachpersonal stattfindet. Die Begleitung und die Beratung erfolgen in jedem Fall vorurteilsfrei und ergebnisoffen.

Die zuständigen Ansprechpartnerinnen von Löwenherz sehen sich ganz bewusst als neutrale Personen, denen die betroffenen Eltern in der Regel mehr zumuten als Angehörigen oder Freunden, die oft geschützt werden sollen. So hat es sich in den vergangenen Jahren bewährt, Hilfestellungen zu geben, damit die Familien eigene Antworten finden können. Dazu gehen die Koordinatorinnen verschiedene Optionen gemeinsam mit den Eltern durch, flankiert von Erfahrung, Fachwissen und einem großen Netzwerk. Ein wesentlicher Aspekt ist, niemals Dinge ohne konkreten Auftrag in die eigene Hand zu nehmen. Auch können bestehende Pläne jederzeit geändert und umgestoßen werden. Denn in einer solchen Ausnahmesituation, in der mit Geburt und Tod des Kindes zwei einschneidende und zutiefst bewegende Ereignisse zeitlich sehr nah zusammenfallen, gibt es nicht den einen richtigen Weg.

Wie der Moment des Abschieds aussieht, wann er eintritt – die Familien wissen nicht, was auf sie zukommt. Denn eine medizinische Prognose ist eben „nur“ eine Prognose. Tritt der Tod vor Geburt ein? Wird das schwerkranke Kind doch noch zu Hause gepflegt? Welche Dinge müssen gekauft werden? Es ist ein schwieriges, emotionales Spannungsfeld, in dem sich alle Beteiligten bewegen müssen. Die Löwenherz-Mitarbeitenden sehen es aus ihrer Erfahrung heraus daher auch als Aufgabe, positive Dinge zu bewahren und Erinnerungsstücke zu sammeln. Denn Kennenlernen und Abschiednehmen führen dazu, dass die Kinder trotz ihres frühen Tods zu einem Teil der Familie werden. Ganz konkret bietet die pränatale Begleitung von Löwenherz folgende Aspekte an:

  • Gesprächspartner nach der Diagnosestellung
  • Unterstützung beim Sortieren von Informationen und besprechen von Optionen
  • Besuch von betroffenen Paaren/Familien vor Ort
  • Begleitung zu anstehenden Terminen (Arztpraxen, Ethikkomitee, Kliniken,
  • Bestattungsunternehmen etc.)
  • Begleitung sowohl auf dem Weg einer palliativen Geburt als auch bei Spätabbrüchen
  • Aufbau eines individuellen Netzwerkes
  • Unterstützung bei einer altersentsprechenden Begleitung der Geschwister
  • Begleitung und Vorbereitung auf Abschiede und Aufzeigen von
  • Gestaltungsmöglichkeiten
  • Begleitung nach dem Tod und Vermittlung von Trauerangeboten

Interessierte können sich zwecks Kontaktaufnahme und für weitere Informationen gerne bei Isa Groth (groth@loewenherz.de) oder Mila Nolting (mila.nolting@loewenherz.de) melden.

   MEDIENTIPP

die Abwertung der Mütter: Wie überholte Familienpolitik uns den Wohlstand kostet | Eine Streitschrift über die Benachteiligung von Frauen

die Abwertung der Mütter: Wie überholte Familienpolitik uns den Wohlstand kostet | Eine Streitschrift über die Benachteiligung von Frauen

Die Journalistin Anne Theiss skizziert klug und pointiert unser antiquiertes Mutterbild und zeigt auf, wo Politik ihre Verantwortung gegenüber Müttern und Familien endlich ernst nehmen sollte und Strukturen verändern muss, damit gut ausgebildete Mütter nicht länger vom Arbeitsmarkt ferngehalten werden, weil Betreuungssysteme versagen und überkommene Rollenbilder sie unter Druck setzen. Selbst Mutter von zwei Kindern und vertraut mit der Belastung des Mütter-Multitaskings beleuchtet sie, warum ein »Weiter so« langfristig das Wirtschafts-Modell der Bundesrepublik gefährdet und warum wir es besser nicht so weit kommen lassen sollten. (SdW).

ANNE THEISS: Die Abwertung der Mütter. Droemer Verlag, München, 2023, 1224 Seiten, 978-3426279113, 18,00 Euro

Milli Hill: The Positive Birth Book

Milli Hill: The Positive Birth Book

Der beliebte englischer Ratgeber wurde sowohl für werdende Mütter als auch deren Partner:innen geschrieben und kombiniert auf humorvolle Weise fundiertes Wissen rund um die Geburt mit praktischen Tipps und ehrlichen Erfahrungsberichten. Angefangen mit dem eigenen Geburtsbericht beschreibt die Autorin in insgesamt zehn Kapiteln realitätsnah die Phasen einer Geburt, die Vorteile eines Geburtsplans oder auch die verschiedenen Geburtsformen. Im Kapitel „What if…“ werden konkrete Fragen, die Schwangere haben könnten, direkt beantwortet. Das Buch ist zudem gespickt mit praktischen Tipps von verschiedenen Frauen und zeigt klare Wege auf, um Ängste rund um Schwangerschaft und Geburt abzubauen.

Der in zweiter Auflage veröffentlichte Ratgeber ist in einem lockeren, verständlichen Schreibstil verfasst und dadurch mit grundlegenden Englischkenntnissen gut lesbar.

█    Sie haben auch ein tolles Buch gelesen, dass Sie gern weiterempfehlen möchten? Wir freuen uns über Ihren Buchtipp!

   VERSCHIEDENES

Niedersächsischer Sozialminister Dr. Andreas Philippi zu den Vorschlägen von Bundesfamilienministerin Lisa Paus zur Einführung eines gestaffelten Mutterschutzes 
Bundesfamilienministerin Lisa Paus hat vorgeschlagen, den Mutterschutz für Frauen auszuweiten, die nach der 20. Schwangerschaftswoche eine Fehlgeburt erlebt haben. Laut der Pressemitteilung vom 20.11.24 des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung begrüßt der Niedersächsische Sozialminister Dr. Andreas Philippi diesen Vorschlag und äußerte sich wie folgt dazu: „Das Vorhaben der Bundesfamilienministerin Paus, den Mutterschutz für Frauen, die nach der 20. Schwangerschaftswoche eine Fehlgeburt erleiden, auszuweiten und einen gestaffelten Mutterschutz einzuführen, begrüße ich sehr. Die Regelungen, die es bisher für Fehlgeburten gibt, werden den Bedürfnissen der betroffenen Mütter nicht gerecht. Bereits nach der 20. Schwangerschaftswoche muss aufgrund des Entwicklungsstandes des Kindes das verstorbene oder lebensunfähige Kind entbunden werden, die Schwangere erlebt dadurch einen Geburtsvorgang. Das ist eine zutiefst einschneidende Erfahrung, die traumatisierend wirken kann. Ein Anspruch auf Mutterschutz und damit eine Freistellung gibt es bisher aber erst nach der 24. Schwangerschaftswoche. Bis zur 24. Schwangerschaftswoche bleibt der betroffenen Frau nur eine ärztliche Krankschreibung, die dem Schutzbedürfnis der Frauen nicht hinreichend gerecht wird. Die Einführung eines gestaffelten Mutterschutzes wird dabei den Bedürfnissen der Schwangeren besser gerecht. Niedersachsen hat daher bereits im Sommer 2024 entschieden, für einen Entschließungsantrag des Saarlandes Mitantragsteller zu werden. Ich freue mich sehr, dass das Bundesfamilienministerium hier das Anliegen der Länder aufgegriffen hat.“

Krankenhausreform nun endgültig beschlossen:
Die Krankenhausreform steht in den Startlöchern: Ab dem 01. Januar wird sie wie geplant umgesetzt. Das wurde nun endgültig vom Bundestag beschlossen. Mit der Krankenhausreform sollen die Vergütungsstrukturen verändert und die Versorgungslage verbessert werden. In dem Entwurf der Bundesregierung für das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz heißt es, dass es das Ziel der Reform sei, die Behandlungsqualität und Effizienz zu sichern und zu steigern, eine flächendeckende medizinische Versorgung zu gewährleisten sowie Prozesse zu entbürokratisieren.

Tanja Meyer, Gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion von Bündnis 90/ Die Grünen blickt der Reform positiv entgegen. In einem Statement betont sie, wie wichtig die Reform für eine flächendeckende Versorgung in Niedersachsen sei: „Verbesserungen werden durch die Krankenhausreform auch für Kinderkliniken und Geburtshilfe erreicht. Denn die Reform und das Krankenhausgesetz des Landes tragen dem Grundsatz Rechnung, dass Kinder eine andere Versorgung benötigen als Erwachsene. Außerdem soll der Ausbau hebammengeleiteter Kreißsäle vorangetrieben werden. Gerade auf diesen Bereich müssen wir in Niedersachsen größeren Augenmerk legen.“

Hebammenkreißsaal in der Krankenhausreform verankert
Nach dem Beschluss des Krankenhausreformgesetzes (KHVVG) im Bundestag am 17. Oktober 2024 wird der Hebammenkreißsaal zum ersten Mal gesetzlich verankert und soll finanziell gefördert werden. Für den Hebammenkreißsaal wird eine eigene Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) eingeführt, um Qualitätsstandards zu definieren. Zudem wird eine Kommission unter Beteiligung von Hebammen eingesetzt, um verbindliche Vorgaben zur Personalbemessung in der klinischen Geburtshilfe zu erarbeiten. Die Reform unterstützt die Eins-zu-eins-Betreuung durch Hebammen und fördert hebammengeleitete Kreißsäle, um eine qualitativ hochwertige Geburtshilfe zu ermöglichen. Der Deutsche Hebammenverband begrüßt diesen Beschluss des Krankenhausreformgesetztes. Weitere Informationen finden Sie auf der Seite des Deutschen Hebammen Verbandes.

Geburtenrückgang in Niedersachsen
In Niedersachsen sind im vergangenen Jahr 67.162 Kinder lebend geboren worden – ein Rückgang von 5,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr mit 71.289 lebend geborenen Kindern, wie das Landesamt für Statistik (LSN) mitteilte. Damit sank die Zahl der Lebendgeburten auf das Niveau des Jahres 2015.

Auch die Geburtenziffer ist um 0,1 gesunken und liegt nach Angaben des LSN bei durchschnittlich 1,42 Kindern, die eine Frau im Laufe ihres Lebens bekommen würde, wenn ihr Geburtenverhalten so wäre wie das aller Frauen zwischen 15 und 49 Jahren im betrachteten Jahr. Im bundesweiten Vergleich der Geburtenziffern liegt nur das Land Bremen (1,46) vor Niedersachsen, teilte das LSN mit. Spitzenreiter im Land sei die Stadt Salzgitter mit 1,82 Kindern - die Stadt Oldenburg bildet das Schlusslicht mit 1,11 Kindern. Das durchschnittliche Alter der Mutter bei der Geburt lag 2023 mit 31 Jahren und 4 Monaten auf dem Vorjahresniveau. Für knapp die Hälfte der Frauen war es das erste Kind.

Die Zahl der totgeborenen Kinder in Niedersachsen nahm in totalen Zahlen zwar ebenfalls leicht ab (286 in 2023 im Vergleich zu 299 in 2022), ihr Anteil bezogen auf die Gesamtgeburtenzahl stieg allerdings von 0,418% im Jahr 2022 auf 0,424% im Jahr 2023 an. Nach einer DESTATIS-Mitteilung von Juli 2023 ist seit 10 Jahren ein Anstieg der Totgeburtenrate in Deutschland zu beobachten. Dafür könnte der steigende Anteil von Gebärenden mit höherem Lebensalter oder Migrationshintergrund als Ursache benannt werden. Gemeinsam mit Teenagerschwangerschaften gibt es in diesen Gruppen empirische Evidenz für höhere Totgeburtenraten.

Studie Liebesleben offenbart geringes Wissen zu sexueller Gesundheit und sexuell übertragbaren Infektionen (STI) in der Bevölkerung
Für die „LIEBESLEBEN-Studie – Wissen, Einstellungen und Verhalten zu sexueller Gesundheit und sexuell übertragbaren Infektionen (STI)“ hat die BZgA im Dezember 2023 mehr als 4.600 Personen ab 16 Jahren zu ihrem sexuellen Gesundheitsverhalten und zu ihrem Wissen über sexuell übertragbaren Erkrankungen befragt. Die Daten zeigen einen großen Bedarf an Präventions- und Aufklärungsarbeit rund um HIV und andere STI. Auch eine Verbesserung der Bekanntheit und Annahme spezifischer Angebote insbesondere bei Jugendlichen, wie das Chlamydien-Screening und die HPV-Impfung, ist neben der Enttabuisierung des Themas durch gezielte Aufklärung weiterhin dringend notwendig. Dabei spielen die gynäkologischen Praxen eine wichtige Rolle. Allerdings zeigten sich auch bei den Ärzt:innen Unsicherheiten z. B. zur Abrechnung von STI-Testungen und auch die Tabuisierung von STI machte vor ärztlichen Praxen nicht halt. Deshalb soll auch ein Informationspaket für ärztliche Praxen entwickelt werden. Als Good-Practice-Beispiel wird die Influencer-Kampagne #WissenWasRumgeht auf Tiktok und Instagram zur Bekanntmachung von Chlamydien benannt.

Stillfreundliche Strukturen. Für alle! Weltstillwoche 2024 – 30. September bis 06. Oktober
In Deutschland besteht auch 30 Jahre nach der Gründung der Nationalen Stillkommission weiterhin deutlicher Bedarf an öffentlicher Fürsprache und politischer Unterstützung, gesellschaftlicher Aufklärung, umfassender Aus- Fort- und Weiterbildung des Fachpersonals sowie Forschung und Evaluation, damit Stillen gut gelingen kann. Darauf soll während der jährlichen Weltstillwoche in besonderem Maße aufmerksam gemacht werden.

Die globale Aktionswoche zur Förderung des Stillens und zur Sensibilisierung für Vorteile des Stillens für Mutter und Kind wurde 1992 von der World Alliance for Breastfeeding Action (WABA) ins Leben gerufen und wird seither in über 120 Ländern gefeiert. Verschiedene Initiativen, Verbände und Akteur:innen leisten Aufklärungsarbeit und fördern stillfreundliche Rahmenbedingungen mit dem Ziel, Stillen als natürliche und selbstverständliche Ernährung für Säuglinge in den Mittelpunkt zu stellen und sowohl Familien und Gesellschaft über die durchweg positiven Effekte des Stillens zu informieren.

Stillen bietet zahlreiche gesundheitliche Vorteile. Muttermilch ist nicht nur die beste Nährstoffquelle für Babys, sondern unterstützt auch deren Immunsystem und bietet damit Schutz vor Infektionen wie z.B. Atemwegserkrankungen, Mittelohrentzündungen und Durchfall. Auch das SIDS-Risiko wird gemindert. Zudem sinkt für gestillte Kinder langfristig das Risiko von Übergewicht und Diabetes. Auch Mütter haben durch das Stillen einen gesundheitlichen Benefit, denn Stillen senkt das Risiko für eine Erkrankung an Diabetes Typ 2 sowie Brust- und Eierstockkrebs. Zudem stärkt Stillen die Bindung zwischen Mutter und Kind.

Die diesjährige Weltstillwoche fand vom 30. September bis 6. Oktober 2024 unter dem Motto „Stillfreundliche Strukturen. Für alle.“ statt. Das Motto hob die Notwendigkeit hervor, bessere Rahmenbedingungen für stillende Mütter zu schaffen, um sie in verschiedenen Lebensbereichen zu unterstützen. Von der Schwangerschaft bis zum Ende der Stillzeit spielen Gesundheitsfachkräfte wie Hebammen, Stillberater:innen und Ärzt:innen eine zentrale Rolle. Neben fachkundiger Unterstützung direkt nach der Geburt, bieten Initiativen, wie offene Stillcafés und Anlaufstellen in Familienzentren, wertvolle Hilfen für Mütter. Ziel ist es, allen Frauen Zugang zu stillfreundlichen Strukturen zu ermöglichen, egal wo sie sich befinden.

Es ist empirisch belegt, dass fast 90 Prozent der Mütter stillen möchten. Viele werden aber durch einen schwierigen Stillstart oder aufgrund von Fehlinformationen und mangelnden Beratungsangeboten frühzeitig entmutigt. Die WHO empfiehlt, Babys 6 Monate lang ausschließlich zu stillen und bis zum Alter von 2 Jahren während des Kostaufbaus das Stillen nach Bedarf fortzusetzen. Diese Empfehlung kann in Deutschland bisher nicht umgesetzt werden. Nur 68 Prozent der Mütter stillen ihr Kind nach der Geburt ausschließlich, in den kommenden Monaten sinkt diese Zahl noch deutlich ab und liegt nach vier Monaten nur noch bei 40 Prozent. Eine umfangreiche (gesellschaftliche) Aufklärung in Kombination mit guter praktischer Unterstützung kann dem entgegenwirken. Maria Flothkötter, Leiterin des Netzwerks Gesund ins Leben, betont: „Das richtige Anlegen des Babys ist entscheidend für ein erfolgreiches Stillen.“ Wie das geht, zeigt ein hilfreiches Video, das in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Hebammenverband e. V. entstanden ist.

ProFamilia Webinare im Rahmen des Projekts „Selbstbestimmung und Vielfalt in der Geburtshilfe“
Das nächste Webinar der Projektreihe „Selbstbestimmung und Vielfalt in der Geburtshilfe“ ist nun kostenlos online bei ProFamilia zur Verfügung gestellt worden.

Das Projekt „Selbstbestimmung und Vielfalt in der Geburtshilfe“ möchte den anhaltenden Mängeln in der Versorgung, Gewalterfahrungen und Diskriminierung in der Schwangerenvorsorge oder bei der Geburt entgegenwirken. Verschiedene Veranstaltungen im Projekt bieten den Teilnehmenden die Möglichkeit, sich für reproduktive Gerechtigkeit zu sensibilisieren – mit dem übergeordneten Ziel, Gebärenden trotz struktureller Herausforderungen mehr Selbstbestimmung unter der Geburt zu ermöglichen, Gewalt im Geburtsumfeld zu reduzieren und den Weg zu einer menschenrechtskonformen Versorgung rund um die Schwangerschaft zu ebnen.

Das dritte Webinar beschäftigte sich mit dem Thema „Zur Reproduktiven Versorgung von Menschen mit Behinderung und/oder psychischen Erkrankungen im Kontext von Schwangerschaft“. Auf dem Weg zu reproduktiver Selbstbestimmung und einer gynäkologischen Versorgung ohne Diskriminierung stellen die vorherrschenden Strukturen ein erhebliches Hindernis dar. Diese durchziehen sowohl die Gesellschaft als auch das Gesundheitssystem und erschweren Menschen mit Behinderungen und/oder psychischen Erkrankungen den gleichberechtigten Zugang. Der Fokus des dritten Webinars des Projekts auf den Erfahrungen und Bedürfnissen dieser Personen. Mit rund 120 Teilnehmenden, hauptsächlich Hebammen, Ärztinnen, Schwangerschaftsberaterinnen sowie Studierenden der Medizin und Hebammenwissenschaften, stieß das dreistündige Webinar auf großes Interesse. Die hohe Nachfrage und das positive Feedback verdeutlichen, dass Fachkräfte ein starkes Interesse daran haben, sich in einer barrierefreien, inklusiven Arbeitspraxis fortzubilden.

Barrierefreie Dokumentation des Webinar „Zur Versorgung von Menschen mit Behinderungen und/oder psychischen Erkrankungen im Kontext von Schwangerschaft“.

Weitere Webinare:

Webinar „Gewalt vs. Selbstbestimmung in der Geburtshilfe“

Webinar „Queere Schwanger- und Elternschaft“

Winter School „Selbstbestimmung und Vielfalt in der Geburtshilfe stärken“

Tagung zum Thema NIPT als Teil der Mutterschaftsvorsorge
Am 24. September fand im Zentrum für Gesundheitsethik an der Ev. Akademie Loccum eine Veranstaltung zu Erfahrungen, Problemansätzen und Lösungsstrategien mit nicht-invasiven Pränataltests (NIPT) auf Trisomie 13, 18 und 21 im Rahmen der Mutterschaftsvorsorge statt. Zwei Jahre nach Zulassung der Kassenfinanzierung für diese Leistung kamen Ärzt:innen aus den Bereichen Gynäkologie und Geburtshilfe, Humangenetik und Pädiatrie, Hebammen, Schwangerschafts(konflikt)-Berater:innen sowie Vertreter:innen aus Politik, Institutionen und Verbänden in den Austausch, um eine erste Bilanz zu ziehen. Fünf Vorträge beleuchteten das Thema aus Sicht der Pränaltalmedizin, der psychosozialen Beratung, der Sozialwissenschaft und der Humangenetik. Ein Beitrag griff die sinkende Geburtenrate von Kindern mit Trisomien anhand des Fehlbildungsmonitorings Sachsen-Anhalt und des European network of population-based registries for the epidemiological surveillance of congenital anomalies (EUROCAT) auf. In Kleingruppen wurde zur Qualität von Aufklärung und Beratung, zur Aussagekraft des Tests und zu Konsequenzen bei auffälligen Testergebnissen diskutiert. Auch die Frage, wie häufig Schwangere nach auffälligem Ergebnis beim NIPT ohne weitere Abklärung der Befunde durch invasive Diagnostikmethoden einen Schwangerschaftsabbruch nach Beratungsregelung durchführen lassen, wurde in den Raum gestellt. Sie musste unbeantwortet bleiben, da keine Erkenntnisse zu den persönlichen Entscheidungsgründen für einen Schwangerschaftsabbruch nach der Beratungsregelung vorliegen. Die abschließende Podiumsdiskussion griff die Frage auf, wie die Aufnahme genetischer Untersuchungen in die Mutterschaftsrichtlinien verantwortungsvoll gestaltet werden kann und beschäftigte sich mit bestehenden Forschungslücken und möglichen Ansätzen zu deren Schließung.

   VERANSTALTUNGEN

Frühe Hilfen für Alle?!

   12. Dezember 2024, 09:00 – 16:00 Uhr

Der Fachtag „Frühe Hilfe für Alle?!“ hat das Ziel, das Bewusstsein für Migration, Kultur und Kommunikation im Bereich der Frühen Hilfen zu schärfen. Dabei wird das Thema Kontext- und Kultursensibilität aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. Referent:innen aus Wissenschaft und Praxis vermitteln in einem Zusammenspiel von Wissen, Haltung und Handeln sowohl theoretische als auch praktische Erkenntnisse.

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Fachaustausch Stillen

   17. Januar 2025, 08:00 – 09:00 Uhr

In einem kurzen Rahmen bietet Astrid Kruid, Beauftragte für Stillen und Ernährung im Hebammenverband Niedersachsen, einen Austausch zu den Themen „Stillen und Ernährung im ersten Lebensjahr“ an. Es wird die Möglichkeit zum fachlichen Austausch und zum Besprechen von Fallbeispielen geboten.

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Kindesmisshandlungen und plötzliche Todesfälle von Kindern aus rechtsmedizinischer Sicht

   18. Februar 2025, 09:45 – 16:15 Uhr

Das Kinderschutzgesetz vom 01.01.2012 verpflichtet auch Hebammen zur Einhaltung fachlicher Mindeststandards im Kinderschutz. Diese Fortbildung des Hebammenverbandes Nds. vermittelt grundlegendes Fachwissen zu den wichtigsten Bereichen der Prävention und Früherkennung von Kindeswohlgefährdung. Im Fokus stehen die Themen Kindesmisshandlung einschließlich sexualisierter Gewalt, Schütteltrauma sowie der plötzliche Kindstod (SIDS). Die Veranstaltung richtet sich besonders an neue Fachkräfte und bietet eine fundierte Basis für die praktische Arbeit im Kinderschutz. Anmeldungen sind ab dem 01.01.2025 möglich.

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Fehlgeburten im abwartenden Management begleiten

   21. Februar 2025, 09:45 – 17:30 Uhr

Ein einfühlsamer und natürlicher Umgang mit frühen Schwangerschaftsverlusten gewinnt in Deutschland zunehmend an Bedeutung. Während früher fast ausschließlich operative Eingriffe, wie eine Ausschabung, empfohlen wurden, wächst heute das Interesse an einer begleiteten, natürlichen Fehlgeburt – ein Ansatz, der in vielen europäischen Ländern bereits Standard ist.

Die Fortbildung des Hebammenverbandes Nds. vermittelt fundiertes Wissen zur ganzheitlichen Betreuung betroffener Frauen. Themen sind praktische Handlungsempfehlungen, naturheilkundliche und schulmedizinische Behandlungsmöglichkeiten sowie rechtliche Aspekte. Der kollegiale Austausch ermöglicht es, verschiedene Betreuungskonzepte kennenzulernen. Anmeldungen sind ab dem 01.01.2025 möglich.

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Netzwerktreffen Hebammenkreißsaal Niedersachsen

   25. Februar 2025, 15:00 – 18:45 Uhr

Ein Hebammenkreißsaal ergänzt das geburtshilfliche klinische Angebot und eignet sich für Kliniken jeder Versorgungsstufe, von kleinen Geburtenstationen bis hin zu Kliniken der Maximalversorgung.

Nach einem Grußwort der Staatssekretärin Dr.in Christine Arbogast wird Andrea Köbke vom Deutscher Hebammenverband e. V. bei der vom Hebammenverband Niedersachsen ausgerichteten Veranstaltung Informationen zum Hebammenkreißsaal und dessen Implementierung vorstellen. Danach sprechen Carolin Lienig, Bereichsleitung der Kreißsäle bei den RKH-Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim und Dr. med. Jens-Paul Seldte, ärztlicher Direktor Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in Bietigheim-Vaihingen, darüber „Warum jedes Krankenhaus einen Hebammenkreißsaal haben sollte“.  Anschließend ist Zeit für Fragen und Diskussion. Die Veranstaltung hat das Ziel, die Motivation und die Befähigung der geburtshilflichen Abteilungen zur flächendeckenden Implementierung von Hebammenkreißsälen in Niedersachsen zu steigern.

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Save the Date: Deutscher Hebammenkongress 2025

   05. – 07. Mai 2025

Der Deutsche Hebammenkongress geht in die 18. Runde und dieses Mal in Münster. Drei Trage voller Wissen, Ideen und Begegnungen warten auf Hebammen und alle Interessierten. Der Hebammenkongress ist als hybrider Kongress konzipiert. Alle Veranstaltungen werden live gestreamt.

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Weiterer Veranstaltungen finden Sie auf unserer Website.

   IM GESPRÄCH MIT ...

Porträtfoto von Prof.in Dr.in Anne Kasper

Prof.in Dr.in Anne Kasper

Aktionsbüro: Bitte stellen Sie sich mit drei Sätzen vor!

Anne Kasper: Seit dem Wintersemester 2022/23 habe ich die spannende Aufgabe übernommen, im Studiengang Hebammenwissenschaft am Gesundheitscampus Göttingen (einer Kooperation zwischen der Universitätsmedizin Göttingen - UMG und der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst - HAWK) zu lehren und zu forschen. Nach meiner Ausbildung zur Hebamme sowie dem Erwerb meines Bachelors in Midwifery und meinen Master in Public Health habe ich mich in meiner Promotion intensiv mit der geburtshilflichen Betreuung von Frauen mit Fluchterfahrung befasst. Mit meiner Berufserfahrung, die unter anderem ein Jahr als Hebamme auf einer Krankenstation in Tansania und in einem Perinatalzentrum umfasst, engagiere ich mich für bedarfs- und bedürfnisorientierte Versorgung vulnerabler Gruppen und möchte auch Studierende für diese berufliche Verantwortung sensibilisieren, besonders in Hinblick auf die empathische und reflektierte Begleitung von Frauen und Familien in besonderen Lebenssituationen.

Aktionsbüro: Mit wem würden Sie gern mal eine Stunde über Ihre Wünsche zum Thema „Gesundheit rund um die Geburt“ sprechen?

Anne Kasper: Ich stelle mir ein Gespräch mit Ina May Gaskin sehr bereichernd vor - insbesondere, wenn ich Hebammenstudierende dazu einladen darf.

Aktionsbüro: Um welches Thema würde sich dieses Gespräch maßgeblich drehen?

Anne Kasper: Der Austausch mit ihr über die natürliche Geburt und die Bedeutung einer ganzheitlichen, frauenzentrierten Betreuung kann wertvolle Anregungen und Impulse geben.

Aktionsbüro: Wenn Sie sich von Ihrer/Ihrem Gesprächspartner:in eine Sache wünschen dürften: Was wäre das?

Anne Kasper: Dass dem Gespräch mit ihr Studierende der Hebammenwissenschaft teilnehmen könnten, um inspiriert zu werden.

Aktionsbüro: Was wird Ihr nächstes Projekt?

Anne Kasper: Es sollte wohl besser Projekte heißen, denn auf dem Schreibtisch liegt viel von Projekten im Studiengang, in der Lehre sowie auch in der Hebammenforschung. Langweilig wird mir nicht! ;)

Aktionsbüro: Danke Anne Kasper!

   IMPRESSUM

Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen Bremen e. V. 
Geschäftsführer: Thomas Altgeld 
Schillerstraße 32 · 30159 Hannover 
Internet: www.gesundheit-nds-hb.de
LinkedIn: @lvgafs

Die Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen Bremen e. V. (LVG & AFS Nds. HB e. V.) ist ein gemeinnütziger, unabhängiger und landesweit arbeitender Fachverband für Gesundheitsförderung, Prävention und Sozialmedizin mit Sitz in Hannover. Mitglieder sind Institutionen und Personen aus dem Gesundheits-, Sozial- und Bildungsbereich.